Was Krieg bedeutet: Westfront 1918 – Die Vier von der Infanterie. (Buch und Film)

Buch-/Filmbeschreibung 1929/1930: Ernst Johannsen war der Autor des Buches „Vier von der Infanterie – Ihre letzten Tage an der Westfront 1918“. Erschienen 1929 im Fackelreiter-Verlag Hamburg-Bergedorf.


Buch im Bestand Sammlung Republikpolizei.de

Vorwort: „Den Gefallenen zum Gedächtnis“

Einsamer Toter an der Straße Moreuil-Morisel; Radfahrer im Somme-Trichter; Landsturmmann ohne Schädeldach im Schlamm der Straße Laon-Glassy; verkohlter Flammenwerfer; Männer vor den Tanks; Jünglinge vom 21. März 1918, am Maschinengewehr noch im Tod weit ins Land spähend; Ihr vor Peronne, das Feld bedeckend; Artilleristen vom Chemin des Dames, zerrissen von Volltreffer, gestorben im Gas und Feuer; Munitionsleute, Gespenster auf ratternden Wagen, Straßengräben füllend vor Amiens, zerstückelt zwischen Gäulen, Granaten und Wagenteilen; unermüdliche Telephonisten, Melder, Flieger, Funker, Sanitätsleute… tote Kameraden von Verdun, Flandern, Chemin des Dames; Ihr vom Osten und ihr vom Westen und Ihr vom Meere, erstickt in U-Booten, furchtbar gestorben auf Panzern, Torbedobooten, Minensuchern… Ihr Tausende und Abertausende und Du mein Freund, von dem niemand weiß, so und wie Du starbst, wir werden Euch nicht vergessen, denn wir – wir waren Eure Kameraden!

Altona, im Spätsommer 1928 Ernst Johannsen.


Mein Eindruck: Die Schilderungen sind grausam. Nichts spiegelt „Heldenmut“ und Phatos wieder. Die Dialoge sind zersetzend. Ein hartes, abschreckendes Buch das im Widerspruch steht zu den vielen glorreichen, kriegsverherrlichenden Heldengeschichten.


Seite 67/68:

„In der Suppe sind ja Steine!“ fährt ein Mann erbost auf. „Das ist aber doch eine bodenlose Frechheit.“

„Freu dich, daß Du überhaupt was hast“, antwortet der Student. „Die Küchenschlucht lag schwer im Dunst! Schuß unter die Feldküche.“ Sie sehen die Unabänderlichkeit ein und schweigen. Auf vier Divisionsabschnitte hat das Zerstörungsfreuer eingesetzt. „Es ist eine Schweinerei in der Welt“, beginnt Job und macht seinen Platz zurecht. „Eine Schweinerei in de Welt, der Staat lügt, die Kirchen lügen, die Parteien lügen, die Zeitungen lügen, die Geschichteschreiber lügen, die Erde stinkt vor Lügen.“

„Bei den meisten“, nickt Müller, „dient das Maul nur ihrem plumpen Egoismus, die Wahrheit interessiert sie gar nicht.“

Das Feuer steigt an. Sie müssen laut sprechen, wenn sie sich in dem Gerummel verstehen wollen. „Wie verschieden man lügen kann, wie verschieden gelogen wird“, nimmt der Student das Thema wieder auf. „Indem man etwas fortläßt, nur die Hälfte sagt. Indem man dem Gegner falsche Motive unterschiebt. Indem man einen Fall erzählt und die Verallgemeinerung dem Zuhörer überläßt. Indem man für eigenes Tun hochmoralische Gründe aufzeigt. Indem man Schweigt. Indam man sich auf angebliche Autoritäten beruft, die kein Mensch kennt. Indem man so kompliziert redet, daß der Unwissende vor Hochachtung alles hinnimmt und so weiter. Aber was ist zu tun, was ist zu tun? Die Masse ist gleichgültig.“


Das Ende:

„Sie sind marschiert, die Vier, in Sonne, Regen und Wind, im Dreck der Straßen, in Eis und Schnee – durch blühendes Land, durch erstorbene Wildnis – An Tagen, in Nächten, nach Siegen und furchtbaren Verlusten. Sie kämpften und wußten nicht mehr wofür, sie starben ohne Hoffnung, ohne Trost, ihrem Schicksal stumpf ergeben.

Kein Denkmal erzählt ihre Leiden, und Worte verflattern wie Blätter im Wind. Über zehn Millionen Tote hinweg geht das Leben seinen gewohnten Gang.“


Über den Autor:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Johannsen#Vier_von_der_Infanterie

Das Buch Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque wurde erst nach Johannsens Infanterie-Roman veröffentlicht, wurde aber wesentlich bekannter.

Das Buch „Vier von der Infanterie“ wurde von den Nationalsozialisten auf die Liste der 1933 verbrennten Bücher gesetzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_1933_verbrannten_B%C3%BCcher


Das Buch war Grundlage für den deutschen Antikriegsfilm „Westfront 1918“ von G.W. Pabst aus dem Jahr 1930.

Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Westfront_1918

1933 wurde der Film verboten, weil er „eine ganz einseitige und deshalb unwahre Darstellung vom Krieg“ zeige und das „lebenswichtige Interesse des Staates, den Wehrwillen des Volkes aufrecht zu erhalten und zu stärken“ gefährden würde (Text des Verbotsantrags im Deutschen Filminstitut)

Der Film ist als DVD wieder erhältlich.

https://www.atlas-film.de/westfront.html

Zusammenstellung vom 19.02.2022

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