Pressespiegel: Vor 91 Jahren. Zeitungsmeldungen vom 23.01.1932

Zeitdokumente: Stichworte Hammerschaften, Eiserne Front, Landjägertot, Universität Berlin. Lesenswerte Tagesmeldungen vom 23.01.1932 der Vossischen Zeitung, der Roten Fahne, des Vorwärts und der DEWEZET.

Bericht der Vossischen Zeitung (Morgenausgabe) 23.01.1932:

Die Eiserne Front steht. Erster Aufmarsch der Hammerschaften und anschließend Rüstwoche.

Abschrift:

Die Eiserne Front, die neue Dachorganisation der republikanischen Massen-Verbände und Parteien, ist fertiggestellt. Sie wird bereits in den nächsten Tagen mit einem Aufruf, der nur noch der endgültigen Formulierungen harrt, an die Oeffentlichkeit treten. Am 30. Januar soll der Bundesrat des Reichsbanners in Berlin eine Sitzung abhalten, um formal den Zustimmungsbeschluß zu fassen. Sonntag, 31. Januar, soll der erste Aufmarsch zu einer Kundgebung besonderen Gepränges vor sich gehen. Schauplatz ist der Sportpalast, der größte Saalbau Berlins. Das Parkett wird ausgeräumt, damit auf dieser riesigen Fläche die drei Kolonnen der Eisernen Front Aufstellung nehmen können: die Schufo des Reichsbanners, die Hammerschaften der Gewerkschaften und die republikanischen Sportverbände. Die Führer der Eisernen Front werden mit Ansprachen an die Versammlung, die bereits um 5 Uhr nachmittags beginnt und somit mehr den Charakter eines FreiluftMeetings betont, hervortreten.

Sonntag, der 31. Januar, ist zugleich auch der erste Tag der „Rüstwoche“ der Eisernen Front, einer gigantischen Werbeveranstaltung, die bis einschließlich Sonntag, 7. Februar, in Aussicht genommen ist. Diese Rüstwoche soll eine Art freiwilliger Volksabstimmung sein, ein Volksentscheid der opferbereiten Republikaner. Alle Staatsbürger, die sich der Republik verbunden fühlen, sollen ihre Opferbereitschaft bekunden durch Eintragung in das Eiserne Buch und Entrichtung eines angemessenen Opferpfennigs, wobei für die große Masse der Bevölkerung an den Betrag von 10 Pfennig gedacht wird, während die Leistungsfähigen selbstverständlich höhere Beträge werden zeichnen wollen. Das Eiserne Buch soll in einer großen Anzahl von „Rüstkammern“ im ganzen Reich ausliegen, für die Verkehrslokale und leerstehende Läden in Aussicht genommen sind. An der Eintragung sollen sich alle Republikaner öffentlich ohne Ansehen der Person beteiligen, vom Ministerpräsidenten bis zum Lehrling.

Das in der Eisernen Front neu auftretende Element der „Hammerschaften“ knüpft an alte handwerkliche Traditionen an, als die mitteldeutschen Eisenarbeiter den Hammer am Gürtel zu tragen pflegten. Die Hammerschaften sind eine nach Betrieben sich gliedernde Formation der Freien Gewerkschaften, deren Führer den Aufruf der Eisernen Front mit unterzeichnen werden.


Bericht über Ausschreitungen der Nationalsozialisten an der Universität Berlin:

Vossische Zeitung – Morgen Ausgabe – vom 23.01.1932:

Die Verlustliste der Landjägerei – Opfer des Berufes

Abschrift:

Ebenso wie die Schutzpolizei hat die Preußische Landjägerei im Jahr 1931 schwere Verluste erlitten. Die Organisation der Landjägereibeamten teilt mit, daß im letzten Jahr drei Landjägereibeamte in pflichttreuer Ausübung ihres gefahrvollen Dienstes ihr Leben für die Allgemeinheit lassen mußten. Es sind dies der Landjäger Scholz aus Glesien, der nach der Heimkehr von einem Gerichtstermin hintertücks erschossen wurde, Landjägermeister Ludwig aus Pommern und Oberlandjäger Schöpenthau aus Schleswig-Holstein. Die drei Beamten waren verheiratet und haben Kinder hinterlassen.

Im unmittelbarem Kampfe mit Verbrechern sind schwer und leicht verwundet worden 82 Beamte der Landjägerei. Die meisten schweren Verletzungen haben sich beim Eingreifen aus Anlaß politischer Demonstrationen ereignet. Vielfach haben die Landjäger Messerstiche und schwere Kopfverletzungen davongetragen.

Außerdem haben noch 80 Landjägereibeamte durch Unglücksfälle bei dienstlichen Handlungen schwere Verletzungen erlitten.

Insgesamt sind seit dem 1. Januar 1919 nach der Statistik des Landjägereiverbandes bei der Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen:

Durch Verbrecherhand 103 Landjägereibeamte,

durch Unglücksfälle 54 Landjägereibeamte.

Zusammen 157 Landjägereibeamte.

Verwundet oder verletzt wurden in dieser Zeit 1099 Landjägereibeamte.


Die kommunistische Rote Fahne vermeldet:


Der Vorwärts vom 23.01.1932:

Abwehr des Terrors. Die Beamtenschaft gegen Gewaltherrschaft.

Abschrift:

Um dem nationalsozialistischen Terror in der Beamtenschaft entgegenzutreten, ist beim Vorstand des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes eine Terror-Abwehrstelle errichtet worden, die in der heutigen Nummer der „Allgemeinen Deutschen Beamten-Zeitung“ folgenden Aufruf erläßt:

Beamte der Republik! laßt euch nicht weiter durch den Terror nationalsozialistischer Agitatoren einschüchtern. Ihre Drohungen, republikanische Beamte ohne Pension auf die Straße setzen zu wollen, sind leere Großsprechereien! denn das „Dritte Reich“ wird niemals kommen, es ist ein Phantom. Die deutsche Republik steht fest und unerschütterlich.

Wir greifen die Feinde der Republik an: Wer die deutsche Republik stürzen will, kann nicht Beamter der Republik sein! Beamte, die sich zum „Dritten Reich“ bekennen, werden jetzt rücksichtslos öffentlich mit Namen genannt; sie haben ihren Diensteid gebrochen.

Es gibt jetzt aber auch im Bekenntnis zur Republik keine Lauheit mehr. Die republikanischen Beamten merken sich die Namen derer, die mit den Nationalsozialisten „sympathisieren“ udn in ihre Versammlungen laufen. Auch sie werden jetzt öffentlich Farbe bekennen müssen!

Wir stehen fest zusammen. Wir verlangen aber auch von den Behörden, daß sie energisch dem nationalsozialistischen Unfug ein Ende machen. Wir sorgen dafür, daß jeder Fall nationalsozialistischen Terrors verfolgt wird.

Vorwärts – Berliner Volksblatt: Waffen sind verboten! Scharfes Durchgreifen der Gerichte.

Zusammenstellung vom 24.11.2021, herral

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