Zeitdokumente: Stichworte: Kriminalpolizei, Verband Preußischer Polizeibeamter e.V., Reichsbanner, Filmverbot, Studentenkrawall, Göbbels. Lesenswerte Tagesmeldungen vom 22.01.1931 der Vossischen Zeitung, der Roten Fahne und des Vorwärts:
Berichte der Vossischen Zeitung (Morgen- und Abendausgabe)
Abschrift:
Heinrich Mann über die Kriminalpolizei. Die Tagung der preußischen Kriminalpolizei.
„Viele hundert Vertreter der fielen tausend preußischen Kriminalbeamten hatten sich heute im „Reingold“ zur Tagung des Verbandes preußischer Polizeibeamten eingefunden. Vom Innenministerium sah man Staatssekretär Dr. Abegg, Ministerialdirektor Dr. Klausener, Ministerialrat Tejessn, vom Polizeipräsidium den Vizepräsidenten Weiß, den Frankfurter Polizeipräsidenten Steinberg, Oberst Lingens, Regierungdirektor Scholz, Oberregierungsrat Dr. Kopp.
Nach einer herzlichen Begrüßungsansprache des Ministerialdirektors Dr. Klausener und Ausführungen des Kriminalsekretärs Burlemann über die Tätigkeit der Kriminalpolizei im Strafprozeß, ergriff unter großer Spannung Heinrich Mann das Wort. Die Kriminalpolizei tut, so begann Heinrich Mann, alles, um der Gesellschaft willen. Die Gesellschaft aber umfaßt arm und reich, sie umfaßt viel Schuld, aber noch mehr Not.
Um alle zu schützen, arbeitet die Kriminalpolizei: Sie schützt den Reichen und den Armen und ist selbst schlecht besoldet. Sie ist gegenüber dem Reichen und Armen gleich objektiv. Sie ist, so hebt Heinrich Mann hervor, die objektivste Behörde. Zum Beweis dafür erinnert er an den Fall des Magdeburger Fabrikanten Haas, in dem die Polizei eingriff, um einen Unschuldigen gegen Verdächtigungen zu schützen. Meist wird der Wert der Kripo falsch beurteilt. man fällt von einem Extrem ins andere. Man wirft ihr Mißgriffe vor, und man lobt sie zu stark, wenn sie Erfolge hat. In Wahrheit ist ihre ganze Tätigkeit anders zu betrachten. man muß offen aussprechen, wenn sie mehr Geld hätte, hätte sie mehr Unterstützung des Publikums, und sie könnte dadurch besser arbeiten.
Unter außerordentlichem Beifall erklärte Mann: Die Kripo ist der Grundpfeiler des Staates, und da fangt er an zu sparen. Die Mißerfolge werden begreiflich, wenn man die Bedingungen ihrer Tätigkeit kennenlernt. Und dann kommt der Beobachter Heinrich Mann, der als Harum al Raschid während der letzten Wochen auf dem Polizeipräsidium war und die Arbeit der Kripo beobachtet hat. Immer, in denen vier Personen vernommen werden müssen, einer hört das, was der andere sagt. Wenn einer geständnisfreudig ist und zu erzählen beginnt, hört er plötzlich auf, wenn ein anderer die Aussage verweigert. Wenn man in manche Zimmer hineinkommt, ist man verwirrt, alle sprechen durcheinander.
Unter diesen Umständen ist eine Qualitätsarbeit beinahe unmöglich. Der Beamte überanstrengt sich, hat nicht genug Raum, nicht genug Luft. Und daß beid er Kripo zu viel gespart wird, zeigt sich auch darin: die Belohnungen, die der Staat aussetzt, sind zu gering. Der Staat setzt zur Aufdeckung von Verbrechen gegen das Leben oft nur einige hundert Mark aus, während die Firmen zur Wiederbeschaffung gestohlener Waren viele Tausende ausloben. Dem Staat sind seine Menschen weniger wert, als der Firma ihre Waren.
Unter großer Zustimmung schließt Heinrich Mann, der Anwalt der Kripo: Der Geist der Kripo ist gut, die Technik und die Geldmittel sind unzureichend.
https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Mann
Abschrift:
Die Rote Fahne: Reichsbannerarbeiter im Kampf gegen SPD-Polizeioffiziere
22.01.1931: Bei einem Versuch von Demonstrationen gegen den nationalsozialistischen Mord kam es in der Strausberger Straße zu brutalem Vorgehen der Polizei Grzesinskis gegen SPD- und Reichsbannerarbeiter. Wie wir jetzt erfahren , befand sich unter den Polizeioffizieren, die den Arbeitern die Straße für den antifaschistischen Kampf sperren wollten, auch der Polizeihauptmann Steeg, Vorsteher des Reviers 88 in der Andreasstraße, der selbst Mitglied des Reichsbanners und der SPD ist. Die Reichsbannerarbeiter mußten sich mit diesem ihrem eigenen Parteigenossen herumschlagen. Dabei wurde dem Hauptmann Steeg von den eigenen Parteigenossen das Seitengewehr entwunden. Die Reichsbannerproleten und SPD-Arbeiter haben hier Anschauungsunterricht darüber erhalten, daß ihr Kampf gegen den Faschismus sich auch gegen die Polizeisozialisten richten muß.
Drei Bericht aus dem Vorwärts vom 22.01.1931:
Quellen:
https://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/kalender/auswahl/date/1931-1-22/
https://fes.imageware.de/fes/web/
Zusammenstellung am 22.01.2022, herral