1925: Republikanisches Liederbuch – Informationen auch zum Herausgeber Heinrich Fahrenholz

Hildesheim. Verlag der Buchhandlung des „Hildesheimer Volksblattes“. Eine Sammlung von ernsten und heiteren Liedertexten für vaterländische Feiern und kameradschaftliche Veranstaltungen, die unter den Farben Schwarz-Rot-Gold stattfinden. Herausgegeben von Heinrich Fahrenholz.

Vorwort.

„Diese Sammlung ist entstanden aus dem Bedürfnis heraus, zur Ausgestaltung von Verfassungsfeiern, republikanischen Tagen und Veranstaltungen der republikanischen Verbände geeignetes Material für gemeinsam zu singende Lieder zu liefern. Es ist nun mal Tatsache, daß man vielen Menschen nicht von der Seite des Verstandes durch belehrende Vorträge die Dinge näher bringen kann, sondern man muß die Gefühltswelt zu fassen suchen und dazu sind stimmungsvolle Veranstaltungen mit gemeinsamen Liedern sehr geeignet. Hoffentlich erfüllt diese kleine Sammlung für gedachte Aufgabe ihren Zweck.

Es sind nicht nur vaterländische Lieder im engeren Sinne des Wortes aufgenommen worden. Da in den republikanischen Verbänden auch gute Geselligkeit gepflegt wird, sind auch ein Bestand guter deutscher Volkslieder und – für vorgeschrittene Stunden – einige humorvolle Lieder mit aufgenommen worden.

Die Textausgabe (ohne Noten) ist in wenigen Monaten in 25.000 Exemplaren über ganz Deutschland verbreitet worden – ein Beweis, daß die Sammlung für den gedachten Zweck geeignet war. Vielfachen an mich gelangten Wünschen entsprechend, geht nun die vorliegende Ausgabe mit Noten hinaus, neben der die billigere und daher für Massenverbreitung besonders geeignete reine Textausgabe weiter erscheinen wird.

Hildesheim, März 1925, Humboldtstr. 14. H. Fahrenholz.

Einzelbilder:

Über den Herausgeber: Heinrich Fahrenholz

* 27.7.1882 † 28.10.1945

Auszug aus: „Heinrich Fahrenholz – ein (un)vergessener Senator der Stadt Hildesheim 1919 – 1933“

Fahrenholz war Mitgründer des Deutschen Republikanischen Reichsbunds und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Er war Herausgeber des „Republikanischen Liederbuchs“ und des Lesebuchs „Für Freiheit und Vaterland. Sammlung vaterländischer Dichtungen aller Zeiten“. …

Heinrich Fahrenholz führte persönlich, politisch und beruflich ein Leben mit vielen vergeblichen Bemühungen. Die schwere Erkrankung und der frühe Tod seiner Frau und die Entfremdung von seinem Sohn verhinderten ein beglückendes Familienleben. Der unermüdliche Einsatz für die Festigung der jungen Republik konnte ihren Untergang nicht verhindern. Viele seiner Wahlkampfeinsätze endeten nach der Stimmenauszählung als Niederlagen. Seine Versuche, den Menschen die Ideale der Aufklärung, der Freiheit und der Demokratie nahezubringen, blieben am Ende erfolglos.“ …

Aber auch sein Appell „Nie wieder Krieg!“ erreichte die Massen nicht. Trotz alledem ließ er sich nicht entmutigen oder verbittern.

Er glaubte an die bewusstseinsbildende Kraft der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, setzte aber auf die Vernunftbegabung der Menschen. Fahrenholz argumentierte, auch dann, wenn er agitierte. Er ging in die Tiefe, wo andere Redner oberflächlich und phrasenhaft Stimmung machten. Dabei wollte er auch die Herzen der Menschen erreichen, aber mit adäquaten Mitteln: mit der Ästhetik der Dichtung und der Musik. Seine Liederbücher und seine Anthologie versammeln Texte, die Gemeinschaft stiften sollen, genauer: Solidarität. Sie sollen Selbstbewusstsein stiften, weil sie den Zugang zu verschütteten Traditionen und zu den großen geistigen Ahnen der Emanzipationsbewegung und zu einem freiheitlichen, friedfertigen Patriotismus öffnen. Das Selbstbewusstsein sollte das Wissen einschließen, dass nichts geschenkt, sondern alles erkämpft worden ist.


Siehe: http://vernetztes-erinnern-hildesheim.de/pages/home/hildesheim/personen/opfer/heinrich-fahrenholz.php

Heinrich Fahrenholz – mit Herz, Hand und Verstand für die demokratische Republik von Hartmut Häger

Auszug:

Als Wahlredner und Agitator der SPD, als Vorsitzender des Deutsch-Republikanischen Reichsbunds und im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold sprach er von 1922 bis 1933 an mindestens 52 Orten in Hildesheim und in den Landkreisen Alfeld, Gronau, Hildesheim und Marienburg. Selbst wenn er durch die tagesaktuellen Themen festgelegt war, befasste er sich gern mit Grundsätzlichem: mit der Zeit der Aufklärung, mit den Reformen des Freiherrn vom Stein oder mit dem Sozialismus als Form einer gerechten, sozialen und friedlichen Gesellschaft. … Nach 1930 nahm die Auseinandersetzung mit den Nationalsozialisten zu, deren Stimmenanteil in zwei Jahren in der Stadt Hildesheim von 2,6 auf 19 Prozent explodiert war. Fahrenholz ging auf die Judenhetze ein, die im unteren Teil eines NSDAP-Flugblattes den „Juden Fränkel“, den Inhaber der Sackfabrik G. D. Fränkel und ehemaligen Hildesheimer Bürgervorsteher, mit Falschbehauptungen diffamierte.

Nicht die Politiker seien für die Bekämpfung der Nazi-Seuche zuständig, sondern der Psychiater: „Rassenpsychose ist eine ansteckende Krankheit.“
Neunundzwanzig Mal wurden die Hildesheimerinnen und Hildesheimer von 1919 bis 1933 zu den Wahlurnen gerufen. Ab Herbst 1924 trat Fahrenholz bei Wahlkämpfen als Redner der SPD auf. Bei der Provinziallandtagswahl am 17. November 1929 schaffte er selbst den Einzug in ein Parlament. Hier galt sein Engagement insbesondere der Verbesserung der Lage der Heil- und Pflegeanstalten, der Qualifizierung ihrer Mitarbeiter, der würdigen Unterbringung und Beschäftigung der Patienten und der wirtschaftlichen Führung der Einrichtungen. Bei der Provinziallandtagswahl am 12. März 1933 wurde er wiedergewählt, ohne sein Mandat ausüben zu können. Der nationalsozialistisch dominierte Provinziallandtag schaffte sich bei seiner konstituierenden Sitzung am 10. April 1933 selbst ab.

Um die Entwicklung zur Diktatur zu verhindern, hatte Heinrich Fahrenholz 1924 den Deutschen Republikanischen Reichsbund und das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold mitgegründet. Beide Organisationen waren überparteilich. Der Reichsbund demonstrierte das bei der konstituierenden Sitzung am 9. Mai 1924 durch die Wahl der Vorsitzenden Hans Stauff (Fabrikant, DDP), Heinrich Fahrenholz (Senator, SPD) und Hugo Kirchner (Senator, Zentrum). Er sollte dafür sorgen, dass die Kämpfe der politischen Parteien Kämpfe des Geistes werden. Schon drei Monate später veranstaltete die Ortsgruppe Hildesheim am 2. und August einen „Deutsch-Republikanischen Tag“, bei dem auch schon eine Vereinsfahne geweiht werden konnte. Zu diesem Tag brachte Heinrich Fahrenholz das „Republikanische Liederbuch“ heraus mit 76 Liedern, die zur Ausgestaltung von Verfassungsfeiern, republikanischen Tagen und Veranstaltungen der republikanischen Verbände gemeinsam gesungen werden konnten. Die zweite Auflage erschien 1925 mit 106 Liedern. 1926 veröffentlichte er die Anthologie „Für Freiheit und Vaterland“, in der er 200 „vaterländische Dichtungen aller Zeiten“, zusammengetragen hatte. Sie sei „eine unerschöpfliche Fundgrube für Rezitation bei republikanischen Feiern“, lobte das „Hildesheimer Volksblatt“. Der Titel war als Kampfruf gemeint. Er richtete sich gegen die Vereinnahmung beider Begriffe durch die „rechten“ Parteien.
Kämpferischer trat das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold auf, das in Hildesheim unter Mitwirkung von Fahrenholz am 16. Juli 1924 gegründet wurde. Es verstand sich als Zusammenschluss der Kriegsteilnehmer, die „mit Herz und Hand für die deutsche Republik einzutreten gewillt“ waren. Fahrenholz unterstützte den Aufbau der Organisation als Redner, zum Beispiel am 5. Oktober 1924 bei der Fahnenweihe in Sarstedt oder am 9. Mai 1926 aus gleichem Anlass in Nordstemmen.


In der Langfassung des Berichtes von Hartmut Häger finden sich zudem noch folgende Informationen über das dritte Buch von Heinrich Fahrenholz:

Für Freiheit und Vaterland

Das Hildesheimer Volksblatt bewarb demnach das Buch wie folgt:

„Jeder Republikaner muss dieses Buch besitzen! Im unterzeichneten Verlage ist von dem bestens bekannten Herausgeber des Republikanischen Liederbuches, Heinrich Fahrenholz, erschienen: Für Freiheit und Vaterland. Eine Sammlung vaterländischer Dichtungen aller Zeiten. Das Buch enthält auf 192 Seiten Großoktav 200 Dichtungen republikanisch-vaterländischen Geistes und ist so recht geeignet, ein Hausbuch jedes deutschen Republikaners zu werden. Für die Kameraden vom Reichsbanner bildet das Werk eine unerschöpfliche Fundgrube für Rezitation bei republikanischen Feiern. Preis des Buches, gut kartoniert, 2,50 Mark. Buchhandlung des Hildesheimer Volksblattes“

Vorwort von Heinrich Fahrenholz:

„Durch den Zusammenbruch des alten schwarzweißroten Deutschen Reiches fiel dem deutschen Volke die Republik wie ein Geschenk in den Schoß und wurde als eine Selbstverständlichkeit hingenommen. Die auf dem Boden der Verfassung stehenden politischen Parteien suchten dann in der Folgezeit ihre b e s o n d e r e n parteipolitischen Ziele zu verwirklichen und vergaßen darüber das Nächstliegende: Den Ausbau des Volksstaates! Sie hielten es für unnötig, das ihnen g e m e i n s a m e Fundament noch besonders zu befestigen in der Annahme, daß der Volksstaat im Wesen des deutschen Volkes hinreichend verankert sei.
Diese Tatsache ist sicher unbestreitbar; aber die früheren Gewalthaber haben es glänzend verstanden, durch Mißbrauch der Schulerziehung, durch geistigen und körperlichen Drill im Heere, durch Kaisers-geburtstagsfeiern und sonstige Monarchenverhimmelungen in größeren Teilen unseres Volkes eine
bedientenhafte Untertanengesinnung, eine Kritiklosigkeit gegenüber politischen Fragen und eine Rückgratlosigkeit zu erzeugen, daß viele mit den erworbenen Freiheiten nichts anzufangen wissen. Ja, man durfte es wagen, die hervorragendsten demokratischen Geister wie Kant, Fichte, Stein, umzumünzen und sie als Kronzeugen g e g e n Volksbefreiung hinzustellen.
So gilt es vorher eine große Erziehungsaufgabe zu lösen, um das deutsche Volk wieder auf sein Selbst zurückzubringen, es erkennen zu lassen, daß seinem ureigensten Fühlen und Denken der freie Volksstaat entspricht, und es daher Volksaufgabe ist, das Wesen des Volksstaates zu erfassen, ihn als die Grundlage allen kulturellen und politischen Aufstiegs zu erkennen, um diesen Staat in der Stunde der Gefahr mit Gut und Blut zu verteidigen; dann werden wir die breiten Volksmassen wieder in positive Stellung zum Staat bringen und sie zur Vaterlandsliebe im besten Sinne des Wortes erweckt haben.
Diese große Erziehungsaufgabe wird im großen Stil durchzuführen versucht durch die republikanischen Organisationen. Es genügt aber nicht, wenn letztere ihren Mitgliedern den Volksstaatgedanken durch schöne und gedankenreiche Vorträge nahezubringen suchen. Es gibt so viele Volksgenossen, die die Dinge weniger von der Verstandesseite erfassen, sondern die ihre Stellung zu großen Fragen weit mehr von der Möglichkeit gefühlsmäßiger Erfassung abhängig machen. Was ist aber besser geeignet, deutsche Volksgenossen für die Ideale der Vaterlandsliebe und Freiheit zu begeistern, als die lebendigen Dichtungen der Vorkämpfer für diese Ideale. Die vorliegende Sammlung will der Mitarbeit an der genannten Volkserziehungsaufgabe dienen und wird hoffentlich nicht nur von Einzelnen gelesen, sondern man muß sie recht oft zur Hand nehmen, um Proben im Geiste Gleichgesinnter zum Vortrag zu bringen. Namentlich bei den Zusammenkünften der Republikaner in den Ortsgruppen des Reichsbanners ‚Schwarz-Rot-Gold‘ und des Republikanischen Reichsbundes wird die Sammlung hinreichendes Vortragsmaterial bieten, um dann in Verbindung mit gemeinsam gesungenen Liedern die rechte Stimmung zu erzeugen. Immer wieder muß auf Pflege des gemeinschaftlichen Liedes hingewiesen werden und es ist eine schwere psychologische Unterlassungssünde, wenn man die Versammlungsteilnehmer nur mit Vorträgen beglückt, ohne sie selbst durchs Lied auch zu Worte kommen zu lassen. Zum Verständnis der einzelnen Dichtungen sind Erläuterungen in großer Zahl und auch Einzelheiten aus dem Leben der Dichter gegeben, um auch zu ihnen die richtige Einstellung zu gewinnen zur Korrektur des vielfach aus der Schule mitgebrachten falschen Bildes. Wenn die Erläuterungen Manchem Selbstverständlichkeiten bieten, so bitte ich zu beachten, daß die Sammlung in erster Linie für die Männer und Frauen der werktätigen Bevölkerung bestimmt ist. Es sind vorwiegend heute nicht mehr lebende Dichter zum Worte gekommen; hoffentlich stellt die lebende Generation sich noch weit mehr als bisher in den Dienst unserer Volkserziehungsaufgabe, sodaß eine fernere Auflage dieser Sammlung schon ein anderes Aussehen erlangen kann.
Hildesheim, Juli 1925, Humboldtstr. 14
H. Fahrenholz.“

Quelle: http://vernetztes-erinnern-hildesheim.de/media/pdf-dateien/Fahrenholz_Heinrich_Langfassung.pdf


Nachruf von Dr. Karl Viets, Bremen auf ZOBODAT

http://www.zobodat.at/biografien/Fahrenholz_Heinrich_Abh-natwiss-Verein-Bremen_32_0457-0461.pdf

Bericht Weser Kurier:

https://www.weser-kurier.de/region_artikel,-Ein-Demokrat-mit-Sinn-fuer-Insektenkunde-_arid,191255.html


Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Fahrenholz

Buch 1: Sammlung Republikpolizei. Zusammenstellung: Ralf Hermes, 28.02.2021

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