Illustrierte Reichsbanner-Zeitung vom 22. August 1925

Hameln, 21.01.2022: Einblicke in die Zeitung des Bundesvorstandes des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Die Republikschutzorganisation der Demokraten der Weimarer Republik. (Teilabschrift einzelner Artikel.)

Titelbild: Oben: Ein „Volksfest 1913“ in Berlin. Das Volk hinter Schutzmannsketten weit im Hintergrund. Unten. Verfassungsfeier der Republikaner 1925 in Berlin.

Der Tag des Volkes. Die Verfassungsfeier 1925.

Textabschrift:

Das waren Tage, wie sie die deutsche Republik noch nicht gesehen. Das war eine Feier, wie sie Deutschland seit seinem Bestehen noch nie erlebt. Gegen die aus Millionen Herzen quellende Begeisterung, Freude und Hingabe an die Republik und ihre stolz wehenden Farben Schwarz-Rot-Gold verblaßte aller Prunk und alle aufgetakelte Pracht gemachter Feiern mit aufgeputzten militärischen Paraden und befohlener patriotischer Begeisterung aus dem versunkenen Obrigkeitsstaat. Wenn in schweren Stunden im Kampf um die Behauptung der Republik Zweifel auftauchten, ob sie bestehen bleiben würde, dem müssen angesichts dieser ungeheuren urkräftigen Volksbewegung die letzten Zweifel gründlich beseitigt sein. Eine Verfassung, eine Staatsidee, die so tiefe Wurzeln geschlagen hat, von der das Volk so durchdrungen ist, wie von der des 11. August 1919, kann nicht untergehen, kann nicht beseitigt werden.“ … (Weiterlesen PDF unten)


Reaktionäre Aktivität

Textabschrift:

Man muß es den Reaktionären lassen, sie entfalten allüberall eine Aktivität, an der die Republikaner sich ein Beispiel nehmen könnten. Die Leute, die bald nach dem Zusammenbruch im Jahre 1918 der Meinung waren, die wirtschaftlichen Kampforganisationen der Arbeiter, Beamten und die der freien Berufe seien nunmehr überflüssig, da ja in Zukunft die auf demokratischer Grundlage beruhende Gesetzgebung von selbst die berechtigten Ansprüche erfüllen müsse, und diejenigen, die von ähnlichen Gedankengängen ausgingen und sich in endlosen Sozialisierungsproblemen ausbreiteten und damit monatelang, ja fast jahrelang innere Kämpfe, Mißvergnügen und lähmende Wirkungen in den Kreisen derer auslösten, die das größte Interesse an fruchtbarer Auswirkung der Demokratie haben, die werden, wenn sie sich die Mühe des nachdenkens und des Vergleichens mit den heutigen Ereignissen und Zuständen machen, zu der erschreckenden Erkenntnis kommen, daß die republikanische Demokratie und die aus ihr entspringenden berechtigten Ansprüche der breiten Bevölkerungsschichten bis weit in die Kreise der Intellektuellen und freien Berufe hinein schwer und schwerste Schläge durch die Reaktion erhalten haben.

Die Reaktion hat mit überaus großer Geschicklichkeit verstanden, ihren Kampf gegen Republik und Republikaner taktisch klug zu führen, zu ändern, abzubrechen und neu anzulegen. Nach dem ersten Schrecken, der dem Zusammenbruch folgte, unter der Flucht der am schwersten Belasteten ins Ausland kam bald die Erkenntnis bei ihnen, daß erstens die Republikaner anständig und gerecht, d. i. in ihren Augen dumm, sind und daß zweitens das republikanische Wahlrecht für ihre Zwecke recht gut zu gebrauchen ist. Der Periode der Putschtaktik folgte die des nationalistischen Rummels mit Fahnenweihen, Denkmalsenthüllungen und wüstesten Brandreden. Dabei wurden die Stahlhelm-, Werwolf- und Hakenkreuzverbände auf das eifrigste aufgefüllt und der Großvater wie der kleinste Pennäler wurden für die Organisationen herangeholt. Mit dem Entstehen und dem Auftreten des Reichsbanners war die schwarzweißrote Hochkonjunktur auf diesem Gebiete mit einem Male erreicht und es ging nunmehr nicht nur wirklich abwärts mit dem überlauten Rummel, sondern die Hakenkreuzorgnisationen verloren fast ebenso stark an Mitgliedern wie sie sie gewonnen hatten; eine Anzahl dieser Vereine und Verbände verschwanden überhaupt von der Bildfläche. Das konnte die Reaktionäre aber nicht mutlos oder verlegen machen. Flugs schlugen sie eine andere Taktik ein, ergriffen zwar kein neuen, aber das unanständigste Kampfmittel, das es je gab und das nur vereinzelt von moralisch Minderwertigen angewendet wird: die Verleumdung.

Eine noch nie dagewesene, unglaublich wüste Hetze gegen die demokratisch-republikanischen Regierungen, gegen die energischen und pflichttreuen republikanischen Beamten, gegen jeden Republikaner, der für die Republik eintrat und besonders gegen das Reichsbanner begann. Eine Schlammflut von Lüge und Verleumdung ergoß sich, durch eine korrupte Großpresse aufgeworfen und durch tausende von Kreis- und Provinzblätter weitergetragen, über das deutsche Volk. Monatelange Vorarbeit in dieser Weise machte den unpolitischen Mann, die unpolitische Frau, die sonst für alles unempfänglich, doch für Schlechtigkeiten immer zugänglich sind, die man anderen nachsagt, reif für die Ernte, für die die Reaktion auf diese Weise säte.

Ihren Höhepunkt erreicht die widerliche Verleumdungskampagne mit dem Feldzug gegen unseren hochverehrten ersten Reichspräsidenten Ebert. Dieser Feldzug übte seine Wirkung nicht nur bei einer Unmasse stumpfsinniger und gedankenloser Menschen aus, sondern er brachte auch diesen ehrlichen, pflichtbewußten Mann an den Rande des Grabes und schließlich in das Grab. Wie dann selbst noch nach dem Tode dieses hervorragenden menschen und Patrioten sein andenken auf das unerhörteste geschändet worden ist, das steht wohl einzig in der Welt da.

Die Wahlen rückten heran. Die Taktik wurde geändert. Die Verleumdung hatte ihre Wirkung getan, das Feld war bestellt. Es kam die Periode der großen Versprechungen. Aufwertung zu hundert Prozent, manchmal sogar mit Zinsenersatz, Erstattung der Sparbeträge, Entschädigung für die Kriegsanleihe splendide Erfüllung der Wünsche der Kleinrentner usw. usw. Zu Hunderttausenden gingen die Wähler den Spiegelfechtern in die Netze, Hunderttausende plapperten tagtäglich in allen Variationen nach, was ihnen in der Verleumdungs- und in der Versprechungsperiode eingetrichtert war.

Ein glänzender Erfolg der reaktionären Parteien, ein Aufschwung besonders der Deutschnationalen, wie ihn jeder Mensch für unmöglich gehalten hatte, war die Folge. Die aufgewendeten ungeheuren Mittel der Reaktion machten sich bezahlt, die stattliche Zahl reaktionärer Abgeordneter im Reichstag, der Reichspräsident, den die schwarzweißrote Reaktion auf ihren Schild erhoben und den sie bei der Wahl auch errangen, berechtigte sie zu den besten Hoffnungen.

Der Zeitpunkt war gekommen, wo man sich um die Wählermassen und das Volk weniger zu bekommen und zu bemühen brauchte. Jetzt galt es zu ernten. Zu ernten dadurch, daß die Lasten, die durch die Reparationsverpflichtungen zu erfüllen waren und für die die Deutschnationalen durch Abkommandierung der Hälfte ihrer Abgeordneten mitgestimmt hatten, als das Dawes-Gutachten angenommen wurde, auf die unbemittelten Volksschichten abzuwälzen und für sich selbst dabei noch Vorteile herauszuschlagen. Die schwarzweißroten Herren von der Deutschen Volkspartei, die vorher in der Koalitionsgemeinschaft mit den republikanischen Parteien die Politik erfolgreich durchführen halfen, die uns gegenüber den Ententemächten eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit gab, schwenkte zu den Deutschnationalen ab, ermöglichte eine Rechtsregierung, und sie arbeiteten gemeinsam mit den gewaltsamsten Mitteln, um durch die Zoll- und Steuerpolitik das breite Volk auf das schwerste wirtschaftlich zu belasten. Weder die Abgeordneten der Rechten, die die Gesetzt beschließen, noch ihre deutschnationalen Minister denken daran, ihre Versprechungen aus dem Wahlkampf zu erfüllen. Dafür werden aber alle Lebensmittel verteuert, selbst vor Brot und Salz wird nicht halt gemacht, die Lohn- und Einkommenssteuer wir riesig erhöht und auf der anderen Seite steigen die Gewinne der Agrarier aus Brotgetreide, Kartoffeln usw. im selben Augenblick, wo wir in Deutschland über eine so reichliche ernte verfügen, wie wir sie selten gehabt haben.

Wird das deutsche Volk aus diesen Vorgängen lehren ziehen? Die Zeit der Erkenntnis ist eigentlich jetzt schon da. Trotzdem werden Tausende die große Enttäuschung erst merken, wenn sie am eigenen Leibe die not verspüren, die durch die reaktionäre Gesetzgebung ihnen auferlegt wird. Die Reaktion beginnt, sich mit der Republik abzufinden, wenn sie ihr ermöglicht, ihre Vorteile zu wahren und sich die Übermacht über die breiten Volksschichten zu sichern, d.h. die Republik mit reaktionärem Geist zu erfüllen. Das müssen die Republikaner verhindern. Überall und bei jeder Gelegenheit müssen die Republikaner auf den großen Volksbetrug hinweisen, den die Reaktion begangen hat. Die Reaktionäre wissen, daß sie zur Verantwortung gezogen werden können; sie sinnen schon jetzt auf Mittel, um das Volk und ihre Wähler aufs neue zu täuschen und abzulenken. Die Republikaner müssen das verhindern, indem sie Erkenntnis verbreiten über das wahre Gesicht der Reaktion. Kein Tag darf ungenutzt vorübergehen. Die Republik darf nicht ihren Feinden zum Opfer fallen.“

gk.



Geschützte Tiere und Pflanzen


Göttliche Uniform.

Uniform ist´s halbe Leben, / Sie ist mehr als Geld und Ruhm, / Ihr gilt unser höchstes Streben, / Sie ist Gottesgnadentum.

Vorwärts, rechts schwenkt, angetreten, / sinket nieder in die Knie, / Helm ab laßt uns zu ihre beten, /Letzter Rest der Dynastie.

Hohl wie du sind unsere Köpfe, / Und dein Geist ist unser Geist, / Säbel, Orden, blanke Knöpfe, / Ohne euch sind wir verwaist.

Schutzzoll, Fleisch und Brotbesteu´rung / Drückt das Volk zwar ganz enorm. / Doch was schert uns Not und Teur´rung, / Haben wir nur Uniform!

Abdelkari


Über Heinriche Hauser (Schriftsteller): https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Hauser_(Schriftsteller)

Zusammenstellung am 21.01.2022, Zeitung im Bestand Republikpolizei, herral

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