Ein Beispiel für Journalismus aus der Weimarer Republik:
In dieser Ausgabe befinden sich drei interessante Beiträge, auf die hier näher eingegangen wird:
a) Im Zeichen der Polizeistreifen
„Zunahme der Kriminalität ist erfahrungsgemäß fast immer Begleiterscheinung einer wirtschaftlichen Not, die die Moral erschüttert. Das Überhandnehmen der Eigentumsdelikte und Gewalttätigkeiten, die Frechheit der Metalldiebe, die sich am hellichten Tag das kostbare Messing aus den Häusern holen, die Unzuverlässigkeit jugendlicher Kassenboten, die immer häufiger mit Millionenbeträgen auf und davon gehen, die Ueberfälle auf der Straße und die Wohnungseinbrüche, Taschendieberei, Bauernfängertum und Falschspielerei, all das hat seien letzten Grund in Teuerung und Hunger, die dem Berufsverbrechertum stets neue Rekruten zuführen. Und es zeigt sich natürlich am schlimmsten in den erbarmungslosen Großstädten, wo niemand für niemanden Zeit und Aufmerksamkeit hat, und wo dem bedrängten Menschen am schwersten Hilfe und am ehesten Verlockung zuteil wird. Aber bei allem menschlichen Verstehen kann die Polizei dabei nicht mit verschränkten Armen zusehen, und so stehen unsere Großstädte jetzt mehr als je im Zeichen der Verbrecherjagt, der Polizei-Razzien. Die Suche nach dem einzelnen Verbrecher ist nicht mehr lohnend genug, man kämmt jetzt Tag für Tag ganze Stadtviertel und Distrikte aus, man fischt die Bahnhofswartesäle ab, wo die Verbrecher der barmlosen Landbevölkerung auflauern oder sich zur Flucht anschicken, man durchstreift die Hehlernester, überfällt Kneipen und heimliche Nachtlokale, wo das ergaunerte Geld bei Spiel und Wein wieder verjubelt wird. Die allnächtliche Ausbeute dieser Streifzüge und stets dein paar Lastautoladungen voll dunkler Existenzen, die man jetzt jeden Morgen unter polizeilicher Bedeckung durch die Großstadtstraßen rollen sieht. Nicht alle, die so täglich ins Polizeipräsidium eingeliefert werden, sind schon reif fürs Kittchen. Doch die Polizeibeamten wissen aus Erfahrung, daß sie zwar manches dieser Gelichter zum ersten mal, aber wenige zum letzten mal sehen. Denn wen die Not der Zeit erst einmal in die Tiefen der Großstadt hinabgestoßen hat, der kommt fast niemals mehr wieder hoch.“
b) Der Unfug der Politisierung der Jugend: Schulkinder als Teilnehmer an nationalsozialistischen Veranstaltungen in München.
Politisierte Jugend
„In Deutschland klagt man unablässig über die politische Unreife und Unbegabung des Volkes, und seit der Errichtung der demokratischen Freiheit sucht man diesen Mängeln durch eine Überfülle von politischer Aufklärung in Versammlungen, Demonstrationen und Druckschriften und Flugblättern jeder Art abzuhelfen. Wobei sich in diesem Übermaß wiederum nur – Unreife und Mangel an politischer Psychologie kundgibt. Man begnügt sich nämlich nicht damit, die erwachsenen und politisch bewußte Menschen besser aufzuklären und die reife, geistig schon selbständig werdenende Hochschuljugend politisch zu erziehen, man trägt die Politisierung bis hinab in die Kreise der Schulkinder, die man zwar noch immer nicht in den staatsbürgerlichen und Verfassungs-Elementen unterrichtet – was sehr wünschenswert wäre – , die man aber dafür doppelt eifrig mit Parteipolitik vergiftet, die sie noch absolut nicht zu verstehen und zu verdauen vermögen. Und da es gerade die
radikalsten politischen Bewegungen von rechts und links sind, die ihre Agitation vorsätzlich unter die Schulkinder tragen, so wird diese geistig noch ganz wehrlose Jugend in den verschiedenen politischen Jugendorganisationen gerade mit den schlimmsten politischen Exzentrizitäten bekannt gemacht. Die Folge davon ist nicht nur, daß sich heute auch schon die „nationalsozialistischen“ und „kommunistischen“ Schulbuben bei jeder Gelegenheit in die Haare kriegen und ihre Keilereien unter „politischen“ Schlagworten ausfechten, die viel schlimmere Folge davon ist, daß durch solche Agitationen die deutsche Seele schon in ihrem ersten Werden unfähig für ein nationales Einheitsempfinden gemacht wird. Politisierte Jugend, das ist der Wurzelschaden am Wachstum einer politischen Nation.“
Zum Fotographen des obigen Bildes ist noch anzumerken: John Graudenz wurde am 12. September 1942 verhaftet und am 19. Dezember 1942 vom Reichskriegsgericht zum Tod verurteilt. Ohne dass das Urteil nach den NS-Gesetzen Rechtskraft erlangte, wurde er am 22. Dezember 1942 im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee auf Befehl Adolf Hitlers erhängt. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/John_Graudenz
c) Illustration und Zeichnerschicksal
Der Zeichner dieser Illustration war Hermann Abeking, Wikipedia ist zu entnehmen: „Der Beginn des Nationalsozialismus und die einsetzenden Verfolgungen führten zu einem inneren Rückzug Abekings, seine Gesundheit verschlechterte sich zunehmend, er starb 1939 an Altersschwäche.“ Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Abeking
Weiterer Bericht – 1. Seite – ohne Abschrift….
Auszüge aus der BIZ als PDF:
Homepageeintrag als PDF: