Zeitungspresse als NS-Machtinstrument (Zwischen den Zeilen)

Buchvorstellung:

„Die Presse ist ein Erziehungsinstrument, um ein 70-Millionen-Volk in eine einheitliche Weltanschauung zu bringen.“ Adolf Hitler, 1934 

Dieser Satz fiel, als Verfolgung und Verbote, freiwillige „Selbstgleichschaltung“ staatlicher Kontrolle und erste Enteignungen das wichtigste Massenmedium dieser Zeit bereits weitgehend den neuen Machthabern willfährig gemacht hatten.

Zitate aus dem Buch: 

„Schweigespirale. Die meisten Deutschen hätten mehr Wissen können, wollten es aber nicht.“

„Indem die Zeitungspresse die hässlichen Seiten des Nationalsozialismus – wie Judenverfolgung, Staatsterror und Kriegswirklichkeit – weitgehend ausblendete und den Anschein einer vertrauten Alltagswirklichkeit produzierte, trug sie entscheidend zur Stabilisierung der nationalsozialistischen Diktatur bei.“

„Die Zahl der deutschen Zeitungen von über 3000 im Jahr 1933 ging auf 975 zurück, wobei davon 80% vom Eher-Verlag kontrollierten Pressetrust kamen.“

„Ein Datum kann somit getrost dem Reich der Geschichtsmythen zugeordnet werden: die Stunde Null. Es gab sie nichtg. Und es schmälert die Verdienst großer Persönlichkeiten der bundesdeutschen Nachkriegspublzistik … wenn sie nicht die genialen Erfinder waren als die sie sich gerne stilisierten.

Als Lehre aus der staatlichen Manipulation der Medien im Nationalsozialismus sorgten die westlichen Besatzungsmächte für eine tiefgreifende Neuordnung: Dezentral, entflochten, unbedingt privatwirtschaftlich organisiert und staatsfern, pluralistisch und frei sollte die Presse sein. … In den neuen Schläuchen aber floss viel alter Wein. Die Elitenkontinuität ist nicht nur für Justiz, Wirtschaft oder Ärzteschaft zu konstatieren, sonder auch für die Publizistik.

… so unterschiedlich sie im einzelnen wirkten und schreiben, einte sie ein ausgeprägtes, nun meist nationalistisch gewendetes, konservatives Elite Bewusstsein. sie alle halfen nachträglich das Bild zu vermitteln, im „Dritten Reich“ habe es um Joseph Goebbels herum eine kleine Clique ausgefuchster Manipulatoren gegeben, die eine große Schar redlicher und talentierter Schreiber unterdrückt habe, die sich wacker bemüht hätten, zwischen den Zeilen unverschlüsselt die Wahrheit zu sagen.

Schuldbekenntnisse gar, Offenheit oder womöglich eine Wahrheitskommission gab es auf dem Felde des Journalismus ebenso wenig wie in anderen gesellschaftlichen Sektoren. Wer nicht gerade in unmittelbarer Nähe von Goebbels gewirkt hatte oder Adolf Hitler persönlich verehrte, konnte bald auch schon wieder als Journalist arbeiten.

Wenn sich die große Publizistik schon für die ersten Jahre der Bundesrepublik eine herausragende Rolle bei der Bildung demokratischen Bewusstseins attestiert, so ist das ein Eigenmythos.

Januar 1933

Die Presse der Weimarer Republik zeichnete sich durch Vielfalt, Kritikfreude und Meinungsstreit aus. Mehr als 4.000 Zeitungen spiegelten das gesamte politische Spektrum, viele wurden direkt von Parteien und Verbänden beeinflusst. Zu den Befürwortern der Weimarer Verfassung gehörten das renommierte Berliner Tageblatt des Mosse Verlages, sowie die Berliner Morgenpost, die auflagenstärkste deutsche Zeitung des Ullstein Verlages. Einflussreiche republikfeindliche Blätter wie der Berliner Lokal-Anzeiger erschienen unter anderem im Alfred Hugenbergs Scherl Verlag, der massiv zur Popularisierung der Nationalsozialisten beitrug. Nach der Machtübernahme zerschlugen die Nationalsozialisten die oppositionelle Presse. Etwa 2.500 Schriftsteller, Publizisten und Journalisten flohen ins Exil. Doch die weitaus größte Mehrheit arrangierte sich in „freiwilliger Selbstgleichschaltung“.

Zeitungs- und Journalistenporträts – Ein Beispiel:

General-Anzeiger für Dortmund (GAD)

… war bis 1933 die zweitgrößte deutsche Tageszeitung. Sie stand der Sozialdemokratie nahe und dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber. Dies bezeugte die Ausgabe zu Hitlers Geburtstag am 20. April 1933 (linkes Bild). Die Titelzeichnung zeigte den Führer mit einem eher grobschlächtigen Ausdruck. Die Dortmunder Gauleitung, die ihre Macht im sozialdemokratisch und kommunistisch geprägten Ruhrgebiet stärken wollte, nahm dieses Porträt zum Anlass, sich des GAD zu bemächtigen. Die Auflage wurde beschlagnahmt, der verantwortliche Redakteur verhaftet, Verlag und Druckerei durch SA und SS besetzt. … Die neue Redaktion inszenierte Hitler in der folgenden Ausgabe (rechts) in bürgerlicher Kleidung und Haltung – als Reichskanzler und Staatsmann. … Die Verleger wurden unter Vorspiegelung eines „Kaufvertrages“ entschädigungslos enteignet.

Zwei weitere Personenbeispiele:

Ein insgesamt sehr informatives, aufschlussreiches Buch!

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