01.06.2025: Einweihung einer Erinnerungs-Stele der Gedenkstätte Deutscher Widerstand für den Reichsbannermann am 01. Juni 2025 in Wolfenbüttel.
Vor 100 Jahren starb in Wolfenbüttel der angesehene Physikprofessor Dr. Hans Witte. Er forschte zur Relativitätstheorie und forderte die Entmythologisierung der evangelischen Glaubenslehre. Leidenschaftlich trat er für die parlamentarische Demokratie, die Weimarer Verfassung und für Bildungsgerechtigkeit ein. Er war Mitbegründer des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, Bund der republikanischen Kriegsteilnehmer und ist Komponist einer Hymne auf Schwarz-Rot-Gold. Prof. Dr. Hans Witte starb am 02. Februar 1925 an den Folgen einer schweren im Ersten Weltkrieg erlittenen Verwundung.
Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin stiftete zur Erinnerung an sein Wirken eine Stele, die am 1. Juni 2025 im Rahmen einer kleinen Feierstunde enthüllt wurde.

Rund dreißig interessierte Menschen waren der Einladung auf den Stadtfriedhof Wolfenbüttel gefolgt und erlebten eine vielfältige und informative Veranstaltung.
Für das heutige Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold begrüßte Ralf Hermes die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und mahnte, aktiv den Versuchen einer Umdeutung der Geschichte durch die AfD entgegenzutreten. Anschauliche politisch-historische Bildungsarbeit wie in Wolfenbüttel anhand eines persönlichen Schicksals sei notwendiger denn je.

Für die Stadt Wolfenbüttel sprach die stellvertretende Bürgermeisterin Elke Wesche-Möller (SPD). Sie verwies darauf, dass es heute mehr denn je gelte, die Unersetzlichkeit der Demokratie zu verdeutlichen. Nur so werde es dauerhaft gelingen, unseren demokratischen Staat gegen Gefahren des Extremismus gleich welcher Richtung zu sichern. Ein Blick in der Geschichte möge uns aufrütteln und warnen: Sei doch die Weimarer Republik in vieler Hinsicht ein fragiler Staat, ständigen Angriffen von links und rechts ausgesetzt. Philipp Melanchthon habe Recht, wenn er meinte, „ohne Kenntnis der Geschichte ist das Leben wie ewige Kindheit oder Blindheit und Taubheit“.

Jan Schröder, der örtliche Landtagsabgeordnete (SPD) betonte in seinem Grußwort, dass es gerade in Zeiten wie heute, in denen die Demokratie erneut unter Druck stehe, Vorbilder wie Hans Witte brauche. Witte sei Wegweiser gewesen. Er sehe in ihm ein sozialdemokratisches Vorbild, das stehe für:
- Die Kraft des Arguments
- Für Gerechtigkeit statt Ausgrenzung
- Für Fortschritt statt Rückschritt
- Für Mut statt Angst

Elke Wesche-Möller wie auch Jan Schröder dankten allen, die an dieser Würdigung mitgewirkt haben und mahnten das Vermächtnis von Hans Witte zu bewahren und mit Leben zu füllen.
Wolfenbüttels Stadtheimatpfleger Rudolf Fricke hatte die Biografie von Prof. Hans Witte recherchiert und dazu eine von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand publizierte Broschüre erstellt. In seiner Gedenkrede zeigte er den Lebensweg, Schicksalsschläge, wie auch dessen Verdienste auf. Hans Witte habe früh die Bedrohungen der politischen Errungenschaften des 1918er Umbruchs erkannt und sich für den Republikschutz engagiert.
In die Richtung derer, die der Monarchie nachhingen, propagierte er Aufklärungsarbeit, Aufklärungsarbeit und nochmal Aufklärungsarbeit. Wirklich sorgenvoll beobachtete er die zunehmenden Aktivitäten aus dem völkisch-nationalistischen wie linksradikalen Lager, die an den Grundfesten der Weimar Republik rüttelten.
So war es aus Sicht von Rudolf Fricke nur konsequent, dass Hans Witte die im Februar 1924 in Magdeburg erfolgte Gründung des überparteilichen Republikverteidigungsbündnisses Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold begrüßte und zu einem Fürsprecher des Vereins wurde. Er platzierte sich im Braunschweigischen als eine der intellektuellen Führungspersönlichkeiten des Reichsbanners und war die zentrale Figur, als dort am 20. Juli des Jahres 1.500 Delegierte einen Reichsbanner-Landesverband gründeten. In einer fast einstündigen Rede trat er unter anderem der Dolchstoßlegende und dem das deutsche Kaiserreich glorifizierenden Stahlhelm-Bündnis entgegen.
Mit, „wir wollen schützen, nicht angreifen“, formulierte er zugleich eine grundlegende Position des Reichsbanners in der Auseinandersetzung mit Republikgegnern.
Witte erlitt, unerwartet für sein persönliches Umfeld, in den späten Abendstunden des 2. Februar 1925 einen tödlichen Schlaganfall.
Rudolf Fricke sieht in dem frühen Tod des damals 43jährigen Demokraten den Grund, warum dieser sich nicht nachhaltig in das Wolfenbüttel-Braunschweiger Geschichtsbewusstsein eingeschrieben hat.
Zum Abschluss der Rede erfolgte die Enthüllung der Gedenkstele der GdW.

Einen kulturellen Schlusspunkt setzte dann der Schauspieler Folkert Düncker mit einer Betrachtung der vielfältigsten Demokratiebegriffe und -formen heute.
Ralf Hermes
Bildervideo von der Veranstaltung:
Broschüre über Prof. Dr. Hans Witte als Download:
Einladung siehe: