Quellendokument 1924: Lachen links – Zum Verfassungstag – Sondernummer Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold

Am 8. August 1924 erschien in Berlin im Jahrgang 1, No. 31 zum Preis von 25 Pfennig eine Sondernummer der Satirezeitung „Lachen links“, das republikanische Witzblatt. Die Ausgaben dieser Zeitschrift sind digitalisiert von der Universitätsbibliothek Heidelberg bereitgestellt. Zitierlink: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/lachenlinks1924/0389/image,info

Hier einige Auszüge / Grafiken:

Titelbild von Hans Baluschek:

Die Nationalsozialisten diffamieren Baluschek als „entarteten Künstler“.


Zeichnung Karl Holz (siehe auch: https://www.karl-holtz-archiv.de/)

Text von Erich Kuttner:

Viel zu lang übten wir Geduld. Zögern ist Schwachheit, Schweigen Schuld!
Den dreisten Spott der Reaktion,
Die Hakenkreuzprovokation,
Fortab dulden wir sie nicht mehr!
Wir stehn bereit zu grimmer Wehr
Als Schützer der Demokratie,
Der jungen Freiheit Infanterie, Rute der Republik und Beil.
Frei Heil!

Wir meiden nicht den Geistesstreit.
Doch wer das Banner uns bespeit,
Hakenkreuze an Mauern schmiert,
Mit sinn’gem Spruch den Abort ziert,
Dem Gegner Scheiben nachts einschlägt,
Bomben in Druckereien legt,
Wer Feme übt im finstern Wald, Und meuchlings auf Minister knallt,
Ihm werde mit der Faust sein Teil!

In uns vereint des Volkes Kraft, In unsern Reihn, wer wirkt und schafft
Mit Hand und Geist, mit Kopf und Arm.
Wir kämpfen, wie der Bienenschwarm
Verteidigt seinen Stock und Fleiß
Gegen Halunken und Geschmeiß.
Den Junker, den Gamaschenknopf,
Fuchtel und Zepter, Thron und Zopf
Zermalmt der Freiheit Donne

Frei Heil!


Erich Kuttner (* 27. Mai 1887 in Schöneberg; † 6. Oktober 1942 im KZ Mauthausen) war deutscher Journalist, Autor, Landtagsabgeordneter in Preußen, Emigrant und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.

(Wikipedia)


Zeichnung „Der Riese und die Zwerge“ von Herbert Anger

Bringt den Reisen nicht zu Fall, Ihr könntet dabei zu Schaden kommen, Ihr Zwerge!



Zeichnung „Patriotischer Rausch“ von Herbert Anger

Am Ende des Deutschen Tages wurde den Teilnehmern schwarz-weiß-rot vor Augen.


Zeichnung „Schwarz-Rot-Gold unter Anklage“ von Alois Florath (gest. 1944 in Kagar bei Rheinsberg, Sozialdemokrat und früherer Redakteur des
„Vorwärts“)


Text: „Burschenschaften einst und jetzt“ von Henning Duderstedt

Text: Burschenschaft einst und jetzt

In meiner Jugend ist es gewesen,
Da Hab‘ ich ein herrliches Buch gelesen. Mit leuchtenden Augen, mit glühenden Wangen, Hämmernd in Luft und in Sorge das Herz, Wiedererlebend Hoffen und Bangen,
War ich ein Kämpfer vom deutschen März.
Damals im achtundvierziger Jahr, Das die Wiege der Freiheit war. Da Hab‘ ich geleistet den heiligen Eid: „Für Freiheit, für Recht und für Einigkeit, Da kämpfend zuerst sie das Banner entrollt,
Sei heute und morgen und ewig gestritten.
Ich lebe, ich sterbe für Schwarz-Rot-Gold!“
Ein Jüngling war ich, ein Gymnasiast, Ja, wollt ihr es so, noch ein Knabe fast. Doch im Traum, der nicht Alter noch Zeiten
kennt,
Ward aus dem Schüler ein freier Student, Ein Burschenschafter vom alten Schlag,
Kämpfer der Freiheit jeden Tag,
Schwarz-Rot-Gold: Die Fürsten verdammten
Das deutsche Banner und sprachen den Fluch,
Aber die Herzen der Jugend entflammten
Den Fahnen, die jeder im Herzen trug, Und die Flinte geschultert, zur Seite den Degen,
Zog ich den Schergen zum Streite entgegen.

Aber dann vor der letzten Schlacht hab‘ ich, geschmückt mit Bändern und Schmissen,
Flammenden Mundes emporgerissen Die Kämpfer der Freiheit zur Mitternacht. Wer im Kampf für die Freiheit stirbt, Wer dem Rechte sich weiht auf Tod und auf Leben,
Wer bereit ist, sein Blut für die Einheit zu geben, Im Fallen die Kämpfer der Zukunft wirbt! Und den Ahnen der Enkel die Ehrfurcht zollt. Wenn einst, an den Gräbern den Dank zu spenden,
Er niederkniet mit gefalteten Länden
Vor dem heiligen Banner Schwarz-Rot-Gold!“
Jahre vergingen, ich ward ein Mann, Seliger Traum der Jugend zerrann. Der junge Student suchte alte Kraft In den Reihen der deutschen Burschenschaft.
Ach, es hatte ein Wahn mich betört:
Wilde Reden Hab‘ ich gehört
Von Leuten, die ohne in Scham zu erbleichen,
Trugen der Burschenschaft würdiges Zeichen. Republik, na, das ist doch ein Mist! Wir wissen ja alle, wer oben ist. Bitte sehr, Fritze Ebert heißt er. Und was ist er denn mehr als ein Sattlermeister! Das war was anderes unter S. M.

Wir waren doch auch mal Leutnant, remm
Selbstverständlich, die große Dreiheit plemm,
Im Vaterlandsliede, sie ist uns bekannt: „Einigkeit und Recht und Freiheit Sind des Glückes Unterpfand.“
Einigkeit, war sie nicht immer da
Im Burschenkonvent der Borussia:
Daß jedem Lumpen die Kugel gebührt, Der für Weimars Verfassung die Trommel rührt?
And das Recht? Seitdem ich immatrikuliert,
Lab‘ ich doch just die Rechte studiert!
Drum sagt man doch auf jedem Kietz:
Deutschland besitzt die beste Justiz! Und Freiheit? Fragt in der Stadt die Leute Und geht gefälligst von Haus zu Haus: Als Leutnant einst und als Studio heute Wir nehmen uns jegliche Freiheit heraus! Schwarz-Rot-Gold? Wir werden Hetzen,
Wie sehr auch die Väter begeistert getollt, Auf die Fahne des Reichs, den erbärmlichen Fetzen,
Wir pfeifen euch was auf Schwarz-Rot-Gold! „
Ich wandte mich, doch ich habe geschworen:
Solang‘ in den Adern ein Tropfen rollt, Lab‘ ich gewählt und Hab‘ ich erkoren Dich, heiliges Banner Schwarz-Rot-Gold.

Henning Duderstadt


herral, 18.08.2024

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