Hameln, 07.08.2024: 140 Jahre liegt der Beginn des ersten Weltkrieges zurück. Die Geißel des Krieges ist 2024 wieder verstärkt in die Welt zurückgekommen. Hier ein Einblick in Texte, Gedichte und Zeichnungen des Jahres 1914 aus der Zeitung: „Der Wahre Jacob“.
Quelle: https://doi.org/10.11588/diglit.8258
Der Wahre Jacob: Ausgabe 25.07.1914
Der Militarismus auf der Anklagebank. Aus dem Prozeß Rosa Luxenburg
Hallo, hallo, Herr Staatsanwalt, MACH´MIR DIE Sozialisten kalt! So kommandiert Herr Falkenhayn, Hurra, trata, piff paff!
Bald ändert sich das Jagdgeschick´, Zum Jäger ward das gehetzte Wild. Herr Falkenhayn schäumt wutentbrannt, Hurra, trata, piff paff!
Die neue Streikpostenverordnung in Sachsen.
„Nach § 54 der Verordnung ist das Streikpostenstehen verboten, weil es den freien Verkehr beeinträchtigt!“
Der Journalisten Leid und Trost. „Sei verflucht, die Zeit der Ruhe, „
Zeitungsanzeige vor 140 Jahren:
Der Wahre Jacob, Ausgabe 8. August 1914
Der Krieg.
So also sollt ihr zu der Jugend sprechen: Übt zeitig euch im Hauen, Schießen, Stechen! Denn diese Erde, hoffnungvoller Sohn, Gehört der Muskulösesten Nation. Kultur ist Quatsch. Und nur die alten Weiber In Männerhosen lieben nicht den Speer, Den du starkfäustig jagst in andre Leiber – Der Krieg ist hehr!
Zwar lehrt die Bibel dich: du sollst nicht töten! Gott selber sprach´s am Berge Sinai; Indessen: es genügt, zu ihm zu beten Im Schlachtendonner deiner Batterie. Als Ideal magst du den Spruch erhalten; Vergiß jedoch die Theorie zeitweilig, Bis aller Feindesschädel sind zerspalten – Der Krieg ist heilig!
Sieh dort die Ebene vom Blute dampfen! Horch: die Blessierten brüllen laut vor Schmerz; Sieh ihre Faust sich in den Boden krampfen – Dies junger Freund – nicht wahr? – erhebt das Herz. Wenn tausend Augen wild zum Himmel stieren Und rote Nacht um dich, Tod und Gestöhn, Dann wirst du es, Germanensprosse, spüren: Der Krieg ist schön!
Die Weiber weinen, und die Kinder betteln, Der Invalide hinkt auf einem Bein. Pah, schieß die Feinde lachend aus den Sätteln Und haue mit dem Kolben fröhlich drein! Zwar Mord ist Mord und einzeln ein Verbrechen, Doch kann er möglichst massenhaft geschehn, Ist er als edelmenschlich anzusprechen: Als heilig – wie gesagt! Als hehr und schön! Pan.
Neue Marineforderungen.
Die sonst nur in den Zeitungen auftretende Hundstags-Seeschlange ist dieses Jahre, durch Flottenvereine gereizt, an der Nord- und Ostseeküste aufgetaucht. Ihr Opfer, ein gewisser Michel, wird schwer bluten müssen.
Der heilige Bund der Völker. Von Beranger.
Ich sah den Frieden jüngst hernieder steigen,
Den Schoß voll Blumen und voll Ährengold;
Rings in den Lüften war ein heilig Schweigen,
Des Krieges Donner hatten ausgerollt.
Die Göttin sprach: Wozu das Blutvergießen?
Ihr Franken, Briten, ihr vom deutschen Land,
Eilt, Völker, einen heil´gen Bund zu schließen,
Und reichet Euch die Hand!
Was wollt ihr euch durch Haß und Grimm ermüden
Und stören eures kurzen Daseins Traum?
Teilt in des Erdballs Flächen euch in Frieden!
Im Sonnenschein ist für euch alle Raum.
Ihr könntet ein so schönes Glück genießen,
Und seit ins Joch der Herrschsucht eingespannt;
Eilt, Völker, einen heil´gen Bund zu schließen,
Und reichet Euch die Hand!
In euer Nachbarhäuser werft ihr Flämmen,
Der Sturm erwacht, hell glänzt der Lohe Schein,
Und sinkt zuletzt die Glut in sich zusammen,
So deckt der Grund verstümmeltes Gebein.
Wo eure Seelen ineinander fließen,
Trank Menschenblut jedwede Scholle Land;-
Eilt, Völker, einen heil´gen Bund zu schließen,
Und reichet Euch die Hand!
O wälzt den Kriegsalp von der Menschen Busen;
Mit dichten Schleier deckt Vergangenheit!
Bestellt die Flur beim Chore meiner Musen!
Der Künste Weihrauch sei nur mir geweiht.
Laßt meinem Schoß den Überfluß entsprießen,
Und tausendfach beglückt´ euch Hymens Band!
Eilt, Völker, einen heil´gen Bund zu schließen,
Und reichet Euch die Hand!
Der Militärzug.
Das Auge klar! Und fest die Hand!
Und jeder Muskel angespannt!
Heut ist´s kein Zug, wie sonst es war:
heut führt er der Soldaten Schar
Dem Feinde zu, die Feinde!
Jedwede Müdigkeit etwich
Und doppelt strafft die Sehne sich.
Die Esse glüht. Es jagt der Zug
Durchs deutsche Land wie Vogelflug
Dem Kriege zu – dem Siege!
Er jagt in windeseil´. Und doch –
Mich dünkt: viel schneller fährt er noch,
Geht´s einstmal wiederum zurück,
Zur Arbeit und zum Heimatsglück,
Wo eure Seelen ineinander fließen,
Dem Frieden zu, dem Frieden…
Der Wahre Jacob: Ausgabe 18. September 1914
Die Sturmglocke. (Nach Rethel.)
An die Sieger.
Daß unser Vaterland bedrohte, Des Feindes Millionenheer, hast kräftig du zurückgeworfen, Du tapfre deutsche Landeswehr. Wär´ anders des Geschickes Würfel Gefallen, so erging´ s uns schlimm – Drum freu´n wir uns mit euch des Sieges Und wir verstehen euern Grimm.
Jedoch im Glanz der Ruhmestage, Im Vorwärtsschritt und Siegesflug Laßt vom Triumph euch nicht berauschen, Blickt in die Zukunft, kühl und klug! Bedenkt des Kampfes Zweck und mäßigt Der Rache bohrendes Gefühl: Nicht die Vernichtung unsrer Feinde, Ein sichrer Friede ist das Ziel!
Ein Friede, der in seinem Schoße Nicht neuen Keim des Zwiespalts trägt Und eh die alten noch vernarbet, Der Menschheit neue Wunden schlägt, Ein Friede, der Europas Ländern Die lang ersehnte Ruhe bringt Ein dauernd Band der Freundschaft schlingt!
Wir beringen freudig jedes Opfer –Doch weh´dem Toren, der vergißt, Das unsrer Opfer Zweck und Hoffnung Nicht Knechtung, sondern Freiheit ist! In diesem Sinne kämpfet weiter Den blutigsten, den letzten Krieg, Und schreitet fort, ihr deutschen Waffen, Zu Deutschlands Heil von Sieg zu Sieg!
(Verfasser unbekannt)
Vaterlandslose Gesellen
Feldwebel Schulze: Die Kriegsartikel sind Euch bekannt, ich habe nichts hinzuzufügen. Und nun stehe Jeder seinen Mann. Wegtreten!
Wehrleute: So kurz angebunden war Schulze auch als Distriktsführer. Dafür klappte auch alles!
Nachricht vom Schlachtfeld.
Gefallen!
Der Wahre Jacob – Ausgabe „Mitte Oktober“ 1914
Das Schwert des Damokles. Eine Redaktionsstube unter dem Kriegszustand.
Der Wahre Jacob – Ausgabe „Ende Oktober“ 1914
Der Rattenfänger John Bull holt im Namen der christlichen Kultur alle Ratten der Welt zusammen, um sie auf die deutschen Barbaren loszulassen.
Hoffnung
Der Burgfrieden.
Auf Franzosen, Deutsche, kniet nieder, Alle starben für ihr Vaterland!
Der Wahre Jacob – Ausgabe „Mitte November“ 1914
Konkurrenz.
Der Haubitzer: Fliegen ist jut, unter Wasser fahren ooch jut, det macht die Engländer ängstlich, – aber ich schieß mit meiner „dicken Berta“ übern Kanal und haste was kannste direkt in´t engliche Ministerium – fertig is de Laube: Grey macht die Hosen voll und denn jibt´s Frieden!
Der Wahre Jacob – Ausgabe 12. Dezember 1914
R. Mannich
Des Lebens Preis.
Die Frau des Kriegers sitzt zu Haus Und rechnet ihren Einkauf aus: Kartoffeln, Graupen, Speck und Brot. Gottlob, noch hat es keine Not. Noch konnte sie zum Markt, jedoch Die Kasse hat ein großes Loch. Die Preise klettern affenflink, Uns kostbar wird so maches Ding Im Haushalt jetzt wie Edelstein – Sonst kaufte man´s zur Hälfte ein. Die Hausfrau grübelt und addiert, Bis sorgenvoll sie konstatiert: „Was hilft mir schon die Rechnerei; Es wird nichts billiger dabei.“ Legt´s Büchlein fort und seufzt mit Beben: „Oh Gott, wie teuer ist das Leben!“
Der Krieger steht im Kampf da draus Und ficht in einem blut´gen Strauß. Die Schlacht tobt in der Ebene rings. Granaten hagelt´s rechts und links. Gewehre knattern rasch und hell; Hoch überm Haupt pfeift ein Schrapnell. Die Blitze flammen lang und rot; Aus tausend Schlünden sprüht der Tod. Signale gell´n; die Trommel schallt: Zum Sturm! Und dann: Das Ganze halt!… Errungen ist der Sieg. Jedoch: Wie manche Lücke, manches Loch Klafft in den Reihn! Der Krieger sinnt. Er denkt an Mutter, Weib und Kind. Und tief empor ringt sich´s mit Beben: „Oh Gott! Wie billig ist das Leben!“ Pan.
Der Wahre Jacob – Ausgabe 21. Dezember 1914
In den Vogesen.
Wehrmann schläft im Schützengraben, Müde streckt er seine Glieder, Rast ist kurz ihm zugemessen, Bald ruft ihn die Trommel wieder.
Abe neu gestärkt erwacht er, – Denn der Traum hat ihm beschieden Eine Rückkehr zu den Seinen, Und er brachte heim den Frieden.
Auch eine Bescherung!
Treibende Mine. Der neue Tod. (Aus „De Notenkraker“.)
Quelle: https://doi.org/10.11588/diglit.8258
herral, 08.08.2024