Vor 100 Jahren: Mordversuch an einem Hilfslandjäger in Deckbergen. Bericht der Nds. Volksstimme aus Hameln

Die Nds. Volkstimme war eine SPD Tageszeitung mit Redaktion in Hameln. Verschiedene Bericht verweisen auf eine problematische Versorgungslage mit Milch und Butter und einen Schwarz-/Schiebermarkt. Hier ein Beispiel, was dieses für die Polizei bedeutete:


Rinteln, den 14. Januar 1921. „Ein falsches Gerücht wird in der Grafschaft Schaumburg verbreitet. Es betrifft den in Deckbergen stationierten Hilfslandjäger Burwiß. Dieser Beamte ist dem gewerbsmäßigen Wucher- und Schiebergesindel aus dem Westen und Hannover ständig auf den Fersen und hält an einer Kreuzungsstation, wohin er vertretungsweise entsandt wurde, scharfe Wacht! Für diese „Berufsgefährdung“ suchte sich ein Mitglied der unser Volksernährung unnötig verteuernden Schiebergesellschaft zu rächen und feuerte am Freitag abend voriger Woche in später Stunde aus dem Hinterhalte 4 Schüsse ab, die erfreulicherweise ihr Ziel verfehlten. Des Täters konnte man bei der leider herrschenden Dunkelheit nicht habhaft werden. Der so hinterlistig Angegriffene blieb glücklicherweise unverletzt und ist nach wie vor auf seinem Posten.“



Ein nachfolgender Bericht beschreibt die Lage zum Schieberproblem an einem Beispiel:

Rolfshagen. Wie verschiedene Landwirte hier handeln, davon zeugt auch hier ein Bild. Der Landwirt Ludwig Ackmann 7, der sechs bis acht Kühe im Stalle hat, liefert dreiviertel Liter Milch ab. Er war schon immer der schlechteste Butterlieferant und sollte laut ärztlicher Bescheinigung einem durch den Krieg und seine Folgen schwach gewordenen kranken Krieger täglich die vom Arzte verordnete Milch liefern. Ackmann wies den Schein zurück mit dem Bemerken, er hätte keine Milch mehr. Der Kranke klagte seine Not den Bürgermeister. Dieser versuchte es noch einmal im Guten. Da nur mehrere Landwirte schon fünf und sechs Kinder mit Milch versorgen, fühlte sich der Bürgermeister veranlaßt, die Sache dem Landratsamt zu übergeben und dieses sandte eine Kommission nach hier, die mit dem Bürgermeister zu Ackmann ging. Es wurde ihm bedeutet, daß wenn er keine Milch für den Kranken liefere, er die Milch allein nach der Molkerei liefern solle. Darauf erwiderte Herr Ackmann protzig, dann streike er einfach. So gut wie die Arbeiter das Recht zu Streiken hätte, hätte er es auch. Andere haben Leben und Gesundheit draußen lassen müssen, damit er hier gut leben konnte. In dieser zeit wäre der Kranke vielleicht gestorben, wenn es nicht gute Herzen gäbe und er wäre auch mit auf das Denkmal gekommen. An den Folgen des Krieges starben!

Die Niedersächsische Volksstimme war eine Tageszeitung der SPD aus Hameln. Hier noch einige Anzeigen aus der Ausgabe:

Ralf Hermes, 17.01.2021,

Quelle: Die Zeitung ist im Stadtarchiv Hameln verfügbar.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.