Ein vielseitiges und ernstes Problem ist die Kriminalität der Jugendlichen, doch kein hoffnungsloses.
Mit Schuleschwänzen, Herumbummeln fängt es an und kann dann über schlechte Streiche zum Verbrechen führen, wenn nicht eigene Erkenntnis oder ein gütiges Schicksal in Gestalt einer verständnisvollen Fürsorge eingreift.
„Für Jugendliche keine gerichtliche Strafe, sondern Erziehung“ lautet das Schlagwort heute. Also ob nicht auch die Strafe für die Erwachsenen Erziehung sein müßte! Und doch muß man froh sein, daß dieser Fortschritt wenigstens für die jugendlichen Rechtsbrecher erreicht ist. Wie man die Erziehung im Einzelnen gestalten muß, wird die Erfahrung von Bewährungsfristen, und der von einem echten Berliner „Rabenjungen“ (jugendlicher angehender Verbrecher) kürzlich ganz ungeniert geäußerte Grundstz: „Erst klaue ick und dann bewähre ick mir“ hat doch wohl etwas Erstaunen hervorgerufen. Doch: „Die Jugend ist unverbesserlich“, denn schon vor gerade hundert Jahren konnte Franz Dörbeck in seinem Berliner Witzen ein ganz ähnliches Wort veröffentlichen (TefelI). Und nicht zuletzt der Umstand, daß es trotz jener alten Klage dennoch vorwärts gegangen ist mit unserem Volke, und daß ein hauch von urwüchsigem gesunden Humor auch heute noch über unserer Jugend liegt, läßt uns vertrauensvoll der Arbeit an den kriminellen Jugendlichen entgegengehen.
„Die Kriminalität der Jugendlichen“ von Dr. M. Hagemann, Oberregierungsrat am Polizei-Institut in Berlin, Polizei und Kind, 1926