22.01.2024: Unter dem Eindruck der Nachrichten und Bilder vom Bundesparteitag der AfD am 11./12.01.2025 in Riesa mit dem massiven Gebrauch von schwarz-rot-goldenen Fahnen wollen wir hiermit die historische Bedeutung unserer Bundesfarben in Erinnerung rufen und davor mahnen, dass Schwarz-Rot-Gold von Demokratiegegnern und Extremisten vereinnahmt wird. Schwarz-Rot-Gold steht historisch für Einheit, Freiheit und Demokratie.
Wir richten einen Appell an alle Medienschaffenden, in Berichterstattungen das von der AfD betriebene Narrativ „Schwarz-Rot-Gold = national = AfD“ nicht zu bedienen! Das heißt, wir bitten um einen sensiblen Umgang mit den Bildern, die die AfD in ihrer Öffentlichkeitsarbeit anbietet. Weisen Sie auch auf den historischen Etikettenschwindel hin, der hier betrieben wird. Wir appellieren zudem an alle demokratischen Parteien und Verbände, dem von der AfD betriebenen Narrativ gemeinsam entschieden entgegen zu treten.
Dazu die folgende Erklärung:
Die AfD segelt unter falscher Flagge und missbraucht die Bundesfarben Schwarz-Rot-Gold
In der Weimarer Republik standen die Farben Schwarz-Rot-Gold für ein Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie und zogen eine klare Abgrenzung zu deren Feinden von Links- wie Rechtsaußen. Von Letzteren wurden die Farben der Republik verhöhnt, Republikbefürworter verfolgt und misshandelt. Als Beispiel sei das 1924 gegründete Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold angeführt, eine pro-republikanische Massenorganisation deren Mitglieder insbesondere von völkisch-nationalen Parteigängern sowie den Nationalsozialisten bekämpft wurden. Deren Methodik war zudem unsachliche Rede, Lüge, verbale Hetze, auch körperliche Attacken bis hin zur Ermordung Andersdenkender. Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, die freien Gewerkschaften und die Parteien der Weimarer Koalition hingegen kämpften mit den Symbolfarben Schwarz-Rot-Gold für die Bewahrung der Weimarer Republik.
Wir bitten Sie den Etikettenschwindel, den die AfD mit der Verwendung der Bundesfarben Schwarz-Rot-Gold betreibt, aufzudecken und zu benennen. Es ist erschreckend, mit welcher Geschichtsverdrehung AfD-Protagonisten bewusst historische Tatsachen verdrehen und hier die Bundesfarben unserer Republik missbrauchen. Genau so wenig wie Hitler ein Kommunist war, steht Schwarz-Rot-Gold für rechtsnationales, verfassungsfeindliches Gehabe, wie es die AfD immer offener praktiziert.
Schwarz-Rot-Gold steht für die Werte unseres Grundgesetzes mit Vielfalt, Toleranz und Menschenrechten!
Eine kurze geschichtliche Betrachtung zu unseren Bundesfarben
In den meisten historischen Abhandlungen wird der Ursprung der deutschen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold mit den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 in Verbindung gebracht. Die Soldaten des „Lützower Freikorps“, die sich hier im Kampf gegen die napoleonischen Truppen hervortaten, trugen schwarze Uniformen mit roten Vorstößen und goldfarbenen Knöpfen. Ehemalige „Lützower“ gehörten dann zur sogenannten „Jenaer Urburschenschaft“, die als Erkennungszeichen eine schwarz-rote Fahne mit goldener Verzierung kreierte und diese mit dem Streben nach nationaler Einheit, Freiheitsrechten und politischer Mitbestimmung verband.
Die Farben verbreiteten sich im Zusammenhang mit der Burschenschaftsbewegung und wurden zum Symbol für nationale Einheit und bürgerliche Freiheitsrechte. Beim Hambacher Fest, im März 1832, das den Höhepunkt einer demokratischen Volksbewegung markiert, führten viele Teilnehmer schwarz-rot-goldene Fahnen mit sich. Hoffmann von Fallersleben, beispielsweise, verband 1843 in seinem Gedicht „Deutsche Farbenlehre“ mit Schwarz-Rot-Gold seine Hoffnung auf politische Veränderungen hin zur Demokratie.
1848 kam es zu revolutionären Unruhen im ganzen deutschen Sprachraum. Die Forderungen waren unter anderem Presse- und Vereinsfreiheit. Am 18. Mai 1848 trat schließlich in Frankfurt am Main eine Nationalversammlung zusammen. An dem Tag fand man die Straßen, ebenso den Tagungsort Paulskirche, mit schwarz-rot-goldenen Fahnen und Girlanden geschmückt. Die Revolutionsbewegung wurde aber schon bald gewaltsam wieder niedergedrückt. Die Farben Schwarz-Rot-Gold wurden aus dem öffentlichen Leben verbannt, in einigen deutschen Staaten sogar ausdrücklich verboten.
Rund ein halbes Jahrhundert später vollzog sich in Deutschland ein grundlegender Wandel in den politischen Verhältnissen. Den revolutionären Unruhen vom November 1918 folgte 1919 in Weimar die offizielle Gründung der Republik. Auf der verfassungsgebenden Nationalversammlung am 11. August wurde mit einer sehr deutlichen Stimmenmehrheit von 211 zu 90 Schwarz-Rot-Gold zu den Reichsfarben erklärt – ideologisch verbunden mit der 1848er Revolution und der Frankfurter Nationalversammlung.
Widerstand gegen die Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold kamen von Anfang an von antidemokratischen, monarchistischen und nationalistischen Kräften. Sie betrachteten die neuen Reichsfarben als Symbol für eine illegitime revolutionäre Umwälzung und lehnten sie deshalb grundsätzlich ab. Sie verhöhnten sie mit Schwarz-Rot-Gelb, Schwarz-Rot-Senf, Schwarz-Rot-Mostrich oder derb auch Schwarz-Rot-Scheiße.
Unter dem nationalsozialistischen Herrschaftssystem wurde 1935 die Hakenkreuzfahne zur Nationalflagge. Schwarz-Rot-Gold in der Öffentlichkeit zu zeigen, konnte zur Verfolgung, Misshandlung und Inhaftierung als Staatsfeind führen. Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes wurde aber Schwarz-Rot-Gold unter Verweis auf die 1848 Revolutionsbewegung und die Republik von Weimar in der westlichen und der sowjetischen Besatzungszone reaktiviert. Für Ostdeutschland (DDR) beschloss ein Volksrat bereits im Mai 1948 die Verwendung der Farben. 1959 fügte man das SED-Staatswappen (Ährenkranz, Hammer, Zirkel) hinzu. In Westdeutschland (BRD) erfolgte die offizielle Festlegung der Farben im Mai 1949 mit der Verabschiedung des Grundgesetzes. Ein Redner hob damals die Nationalfarben als ein Zeichen für die staatliche Einheit in Freiheit und Rechtsstaatlichkeit hervor.
Im Vorfeld und im Zuge der Wiedervereinigung fiel Schwarz-Rot-Gold wieder eine besondere Symbolkraft zu. In der Zeit der Proteste in der DDR wurden nämlich immer öfter Fahnen gezeigt, aus denen man das Staatswappen herausgeschnitten hatte. Letzteres verband man mit dem SED-Regime, von dem man sich befreien wollte. Beim Akt der Wiedervereinigung, 2./3. Oktober 1990, hisste man in Berlin eine extra angefertigte, große schwarz-rot-goldene Fahne.
Schwarz-Rot-Gold steht für staatliche Einheit – Rechtsstaatlichkeit – freie Entfaltung der Persönlichkeit – Unantastbarkeit der Menschenwürde und den vielen weiteren in unserem Grundgesetz festgeschriebenen Grundrechten. Wir dürfen das nicht verdrehen lassen!
Ralf Hermes (Hameln), Rudolf Fricke (Wolfenbüttel), Siegfried Rackwitz (Braunschweig)