Ehrentafel.
Am Vormittag des 17. Januar 1924 wurde unser lieber Kamerad, der Landjägermeister Herr Albert Stresow im Schwiebus während der pflichttreuen Ausübung seines Dienstes von einem mörderischen Schurken, welcher vorher zwei Kameraden durch Schüsse verletzt hatte, durch Kopf- und Bauchschuß erschossen.
Kam. Stresow stand im blühendsten Mannesalter von 44 Jahren und hinterläßt eine Witwe mit drei Kindern im Alter von 2 bis 12 Jahren.
Der Verstorbene hat es verstanden, durch seinen Diensteifer und sein taktvolles, stets hilfsbereites und echt kameradschaftliches Verhalten sich Liebe und Achtung bei Vorgesetzten, Kameraden, Untergebenen und Bezirkseingesessenen zu erwerben. Wir haben einen braven Kameraden verloren, der seinen schweren Dienst mit Tatkraft, aber ohne jede Schärfe versehen hat.
Sein Andenken werden wir immer in Ehren halten!
Provinzverein Brandenburg und Vereinsgruppe Züllichau-Schwiebus.
Der Gendarm Fachblatt für die dienstlichen und wirtschaftlichen Interessen der Landjägerei. Zeitschrift des Verbandes Preußischer Lanjägerbeamten E.V. 6. Februar 1924
Landjägertod – Landjägerschicksal
Ein Landjägermeister erschossen; zwei Landj.-Beamte verwundet
Über das bereits in der vorigen Nummer (S. 43) erwähnte traurige Vorkommnis ist uns folgender Bericht zugegangen:
Der polnische Arbeiter Kubasik, der als arbeitsscheuer Mensch und Dieb bekannt war, hatte im Herbst d. J. 11 Geschirre mittels Einbruchs entwendet. Die Kam. Landjm. Stresow in Schwiebus und Oberldj. Belling fahndeten dauernd nach diesem Menschen. Vor ungefähr drei Wochen begegnete ihm Kam. Stresow, konnte ihn aber nicht ergreifen. Sieben Schuß, die Kam. Stresow noch hinter ihm herjagte, vermochten ihn nicht zum Stehen zu bringen.
Am 16.Januar 1924, abends, wurde dem Kam. OL Belling mitgeteilt, daß Kubasik sich im Leimnitz in der Wohnung seine Mutter aufhalte. Kam. Ldjm. Stresow beauftragte den OL. Belling und den Ldj. A. Pr. Schlasske, den Mann festzunehmen. Als Kam. Belling nach Leimnitz kam, hatten die Einwohner das Haus des Kubasik bereits umstellt. OL Belling forderte nun die Mutter auf, die Wohnung zu öffnen. Gegen 11 Uhr nachts wurde die tür geöffnet, und Belling und Schlasske traten mit fertiggemachten Pistolen in die Wohnung ein. Als sie Kubasik in der Schlafstube nicht fanden, leuchtete Kam. Schlasske mit der Taschenlampe in eine danebenliegende Kammer. In dem selben Augenblick fielen zwei Schüsse aus der Kammer, einer traf den Kam. Belling in den linken Arm (Handgelenk), der andere den Kam. Schlasske in die linke Seite. Trotzdem sprang letzterer in die Kammer hinein, faßte den Täter, sog seine Pistole, die Pistole versagte.Nunmer schlug er mit der Pistole auf Kubasik ein und rang mit ihm. Als er mekrte, daß seine Kräfte nachließen , auch keine Hilfe kam, lief er schnell hinaus, um nicht erschossen zu werden. OL. Belling hatte, da er unfähig war, nochmals einzugreifen, draußen um Hilfe gebeten, aber keiner traute sich in die Wohnung hinein.
Von diesem Vorfall wurde Ldjm. Stresow in Schwiebus benachrichtigt. Er begab sich sofort mit dem Ldj. Rohloff aus Liebenau zum Tatort, ordnete die Umstellung des Hauses durch Bewohner an und versucht nun, an das Haus heranzukommen. Kubasik hatte sich inzwischen in die Küche begeben, die Küche verriegelt und sich an eine kleine Fensterluke gestellt, so daß er jeden, der an die Haustür kam, sofort niederschießen konnte. Er war unmöglich, von einer anderen Seite in die Wohnung zu kommen. Kam. Sresow ließ die Mutter des Täters herauskommen und forderte durch diese den Täter auf, sich freiwillig zu ergeben. Kam. Stresow benutzte diese Gelegenheit und schlich hinter der Frau her in den Flur. Kaum hatte er gedeckt durch die Mutter, den Flur erreicht, das krachte ein Schuß und Kam. Stresow sank durch Kopfschuß getroffen, zu Boden; ein zweiter Schuß durchschlug seinen Leib. Kam. Ldj. Rohloff sprang schnell hinzu, um Stresow aus dem Flur zu ziehen; es gelang ihm aber nicht, denn der Täter schoß zweimal nach ihm, ohne aber zu treffen.
Auf die Nachricht von diesen Ereignissen begaben sich der Landrat und Kam. Ldjm. Majewski aus Züllichau mit fünf Reichswehrsoldaten, ausgerüstet mit Handgranaten zum Tatort. Durch eine Zivilperson wurde Kubasik aufgefordert, sich innerhalb 5 Minuten freiwillig zu stellen, widrigenfalls Handgranaten geworfen würden. Der Täter ließ uns sagen, daß erst noch einige fallen müßten und er sich dann selbst erschieße. Nach Ablauf von einer Minute hatte er sich selbst erschossen.
Hierzu ist noch zu bemerken, daß es unmöglich war, nach dem Täter zu schießen, da sein Stand so war, daß er wohl uns, wir aber nicht ihn sehen konnten.
Dem Kam. Stresow ist absolut kein Leichtsinn nachzusagen; er hat so gehandelt, wie ein alter preußischer Beamter handeln mußte. Die Teilnahme an seiner Beerdigung war so groß, daß die Straßen die Menschenmenge kaum fassen konnte. Alle, die nur etwas Zeit hatten, haben sich dem Zuge zum Friedhof angeschlossen. Eins hat uns Ldj.-Beamte stark befremdet, daß es der Reg.- und Landj.-Rat nicht für nötig befunden hat, an der Beerdigung teilzunehmen. Die Ldj.-Beamten waren über sein Nichterscheinen stark erregt. Die Nachricht über den Tod des Ldjm. Stresow hatte der Herr Landrat am selben Tage der Regierung telephonisch und auch schriftlich mitgeteilt.
Kam. OL. Belling leidet zurzeit sehr an seinem Arm, da die Knochen zersplittert sind; dagegen ist Kam. Schlasske bereits auf dem Posten, wenn auch nicht dienstfähig. Er hat keinen Bauchschuß, wie erst angenommen wurde, sondern der Schuß ging zwischen den Rippen hindurch, ohne edlere innere Organe zu verletzen.
Besonderer Dank gebührt noch den Polizeibeamten mit ihrem Kommissar Droste aus Schwiebus, da sie auf die Nachricht vom Tode des Kam. Stresow hin sofort mit Waffen ausgerüstet zum Tatort eilten und dort die bereits anwesenden Ldj.-Beamten tatkräftig unterstützten.