Quellendokumente zu Walter Bauer (Dichter) in der Zeitung „Das Reichsbanner“

12.10.2024: Zwei eindrucksvolle Gedichte von Walter Bauer und eine Buchkritik über den Dichter von Franz Trescher aus der Zeitung das Reichsbanner als Quellendokumente:

Walter Bauer (* 4. November 1904 in Merseburg; † 23. Dezember 1976 in Toronto)


Wir sind hungrig! – Jungbanner, Ausgabe Magdeburg vom 21. Februar 1931

Quelle: https://www.reichsbanner-geschichte.de/media_zeitungen/media_zeitung/1931-02-21/1931-02-21_Jungbanner.pdf

Wir sind hungrig!

Des Pfluges Blitz ist unserm Sinn entfallen, und den Geruch der Witterung verloren wir, wir leben in der Stadt

Der Sämann wirft in schönem Schwung die Saat, wir haben lang nicht zugesehn, und Grün ist für uns eine Seltenheit.

Es wächst das Grün zur Frucht, die Sense fällt ins reife Gelb, das Korn ist nicht für uns, für uns, und unsre Hand ist ewig leer! Und unser Mund schreit ewig: Brot!

Walter Bauer.


Das Reichsbanner vom 28.02.1931 – Buchbesprechung von Franz Trescher

Quelle: https://www.reichsbanner-geschichte.de/media_zeitungen/media_zeitung/1931-02-28/1931-02-28_Ausgabe_9.pdf


Vor der Geburt – Beilage Das Reichsbanner vom 17.10.1931

Quelle: https://www.reichsbanner-geschichte.de/media_zeitungen/media_zeitung/1931-10-17/1931-10-17_Beilage.pdf

Vor der Geburt

Du hast gesagt, nun würde es bald kommen, noch heute vielleicht,den wir lang erwarten — unser kleiner Menschensohn —. du sagst, du hast Schmerzen — aus deinem Leib wird er kommen, aus der schweren Höhle. Angezündet wird ein neues Licht, — und du bist jetzt ohne mich, ich muß zur Schicht.

Deine Stimme ist ganz leise geworden, wie ein kleiner Vogelruf, und du sprichst schon zärtlich mit ihm, der noch schweigt. Dein Gesicht ist blaß, dir wird dann jemand den Schweiß von der Stirn wischen. Du sagst: bald kommt es, noch in dieser Nacht. — Jetzt gehörst du mir nicht mehr, helfen kann ich nicht, und ich will jetzt leise gehn, ich muß zur Schicht.

Liebe Frau, ich will an dich denken, wenn ich müd vom Wachen meinen Weg zum Werke gehe — und wenn dir die fremde Frau hilft, die schweigsam Gute, denk, meine Hand legt die Kissen dir hin und ich tröstete dich — schweren Herzens geh ich — ach, du, stirb mir nicht, wenn ich stumm vergehe in der Schicht.

Die Maschine wird schrein wie immer, ob du so schrein wirst? Der Hammer wird niederfallen in meine Erinnerung an dein Leiden. Und in der Pause im Speiseraum will ich lesen in deinem Gesicht. Du ungeborner Menschensohn—die Sirene ruft deinem Kommen zu, und mein Leiden wie deiner Mutter Schmerz wird dir sich anhängen. Oh, so schwer wär mir mein Sterben nicht, wie dies Warten und Nicht-da-sein in der Schicht.

Walter Bauer.


Über Walter Bauer auf Wikipedia:

https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Bauer_(Schriftsteller,_1904)


herral, 12.10.2024

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