Quellendokument: Einstellung in die Schutzpolizei – 01.09.1924

Zeitung: „Das Reichsbanner“ vom 01.09.1924. Von AdoIf Rompf, Polizeiobersekretär, Kassel.


Textabschrift:

Einstellung in die Schutzpolizei

Von AdoIf Rompf, Polizeiobersekretär, Kassel.

Anläßlich der Verfassungsfeier der Berliner Schutzpolizei am II. August 1924 hielten der Reichspräsident und der preußische Ministerpräsident Braun Ansprachen an die Polizei.

Letzterer sagte u. a. folgendes:

Ein wohlgefügter fest gebauter Körper ist entstanden. Eine Beamtenschaft, die mehr und mehr in ihren großen Aufgabenkreis hineinwächst. Entgegen allen Anfeindungen von rechts und links, allen irrigen Behauptungen von innen und außen, stelle ich fest, daß unsre Polizei nur ein Instrument des Friedens ist, daß sie lediglich die S t a a t s a u t o r i t ä t zur Geltung bringt und die Ordnung im Lande aufrechterhalten soll.

Die republikanische Jugend muß sich als Nachwuchs der Schutzpolizei zur Verfügung stellen. Aus diesem Grunde ist es besonders wichtig, unsre Jugend mit den Bestimmungen über Einstellungen und Beförderungen in der Schutzpolizei vertraut zu machen und das ist der Zweck dieser Zeilen.

Gliederung der Schutzpolizei.

Die Schutzpolizei setzt sich zusammen aus:

a) Polizeiwachtmeistern (Sammelbezeichnung für: Polizeiunterwachtmeister, Polizeiwachtmeister. Polizeioberwachtmeister und Polizeiwachtmeister).

b) Polizeioffizieren (Sammelbezeichnung für: Polizeileutnant, Polizeioberleutnant, Polizeihauptmann, Polizeimajor, Polizeioberstwachtmeister und Polizeioberst)

Einstellungsverfahren.

Die Einstellungen erfolgen nur auf den Polizeischulen und zwar zum 1. April und 1. Oktober jedes Jahres. Jeder junge Mann, der die nachfolgenden Bedingungen erfüllt, kann sich zum Eintritt in die Polizeischulen schriftlich oder persönlich bei den staatlichen Schutzpolizeien oder unmittelbar bei den Polizeischulen melden. Polizeischulen sind in: Hann.-Münden, Münster, Burg bei Magdeburg, Sensburg, Hildesheim, Brandenburg, Kiel und Frankenstein (Schlesien).

Bedingungen.

a) Besitz der deutschen Reichsangehörigkeit;

b) volle Polizeidiensttauglichkeit;

c) Mindestgröße 1,68 Meter;

d) vollendetes 20. Lebensjahr, Höchstalter 22. Vollendetes Lebensjahr;

e) unverheiratet;

f) Nachweis genügender Allgemeinbildung;

g) Unbescholtenheit, die mittels Strafregisterauszugs von der Behörde festgestellt wird;

h) Ausnahmen bezüglich des Lebensalters und der Größe sind in begrenzten Ausnahmefällen durch den zuständigen Regierungspräsidenten zulässig.

Ausgeschlossen von der Annahme sind:

1. Fürsorgezöglinge.

2. a) Personen, die rechtskräftig zu Gefängnis oder wegen einer Handlung verurteilt sind, die eine unehrenhafte Gesinnung erkennen läßt;

b) Beamte und Angestellte, die wegen dienstlicher Verfehlungen von ihrer Behörde entlassen sind oder ihre Behörde unter Vertragsbruch verlassen haben.

Die Einstellung von Personen, die dem Reichsheere oder der Reichsmarine angehört haben, ist nicht zulässig.

Dem Einstellungsgesuche sind beizufügen:

a) selbstgeschriebener Lebenslauf;

b) polizeiliche Führungszeugnisse lückenlos seit der Entlassung von der Schule;

c) Geburtsschein (nicht Taufschein);

cl) letztes Schulzeugnis (Volksschule usw.);

e) im Falle der Minderjährigkeit des Bewerbers Einwilligungserklärung des gesetzlichen Vertreters, die polizeilich beglaubigt sein muß;

k) Schuldenerklärung;

x) Beschäftigungs- bzw. Aufenthaltserklärung seit der Schulentlassungzeugnisse (beglaubigtes der seitherigen Arbeitgeber) ;

li) Ausweis der Krankenkasse über Art und Dauer der in den letzten 3 Jahren überstandenen Krankheiten. Bewerber, die einer Krankenkasse nicht angehört haben, müssen eine diesbezügliche eidesstattliche Erklärung abgeben.

Vor der Einstellung erfolgt eine eingehende Untersuchung auf Polizeidienstfähigkeit. Ist der Bewerber polizeidiensttauglich befunden worden, so hat er sich einer Prüfung seiner Allgemeinbildung zu unterziehen. Wird der Bewerber in die Polizeischule als Polizeianwärter eingestellt, so ist er nach dem Eintreffen auf der Polizeischule auf die preußische Staatsverfassung und die Reichsverfassung zu vereidigen. Nach der Vereidigung wird ihm die Anstellungsverfügung ausgehändigt.

Jeder in die Schutzpolizei Eintretende ist auf 12 Jahre zum ununterbrochenen Dienst in der Schutzpolizei verpflichtet.

Beförderungen.

Polizeianwärter, die mindestens 6 Monate die Polizeischulsbesucht und sich in jeder Weise bewährt haben, können unter Einreihung in freie Etatsstellen der einzelnen Schutzpolizeien zum Polizeiunterwachtmeister ernannt werden.

Die weitern Beförderungen richten sich nach der Verfügbarkeit einer planmäßigen Stelle, dem Ergebnis der vorgeschriebenen Prüfungen, der Beurteilung durch die Dienstvorgesetzten, von der Erreichung eines Mindestdienstalters.

Polizeioffiziere.

Das Polizeioffizierkorps ergänzt sich aus Polizeianwärtern, die mit „Aussicht auf beschleunigte Beförderung zum Polizeioffizier“ eingestellt werden und Polizeihaupt und Oberwachtmeister, die ihrer Persönlichkeit nach dafür geeignet und durch Ablegung von Prüfungen ihre Befähigung dafür dargebracht haben. Bis zu 50 von 100 aller freien Polizeileutnantstellen sollen mit diesen besetzt werden.

Einstellungen mit „Aussicht auf beschleunigte Beförderung zum Polizeioffizier“ bedingen den Besitz des Reifezeugnisses einer höhern neunstufigen Lehranstalt (Gymnasium, Obergymnastum, Realschule, deutsche Oberschule, Abiturientenzeugnis).

Für diejenigen Bewerber, deren höhere Allgemeinbildung nachgewiesen wird durch Reife für Oberprima einer höhern Lehranstalt, Reife für Unterprima einer höhern Lehranstalt, Bestehen der ersten Volksschullehrerprüfung und in Ausnahmefällen durch den Nachweis der Reife für Obersekunda oder den Nachweis der Versetzung in die 1. Klasse eines Volksschullehrerseminars kann die Zuerkennung der „Aussicht auf beschleunigte Beförderung zum Polizeioffizier“ frühestens 6 Monate nach erfolgter Einstellung auf der Polizeischule beim Minister des Innern unter Beifügung der Zeugnisse über die wissenschaftliche Vorbildung der Anwärter beantragt werden.

Dienstlaufbahn der Offizieranwärter ist folgende: 1 Jahr Polizeischule; Ernennung zum Polizeiunterwachtmeister nach 6 Monaten; nach dreimonatiger einwandfreier Dienstzeit, vom Abschluß der Polizeischuldienstzeit ab gerechnet, kann Beförderung zum Polizeiwachtmeister erfolgen.

Nach sechsmonatiger praktischer Dienstleistung als Polizeiwachtmeister kann der Beamte am Dienstort einer Prüfung unterzogen werden, in der er seine Eignung zum Polizeioberwachtmeister nach den für die Polizeioberwachtmeister-Prüfung an Polizeischulen geltenden Bestimmungen nachzuweisen hat. Nach Bestehen der Prüfung erfolgt die Beförderung zum Polizeioberwachtmeister.

Anschließend können sie zu einem Lehrgang auf der Sportschule für Leibesübungen in Spandau und der Höhern Polizeischule in Eiche in Vorschlag gebracht werden. Nach erfolgreichem Besuch dieser beiden Lehrgänge erfolgt die Ernennung zum Polizeioffizieranwärter.

Innerhalb 8 Monaten nach erfolgreicher Ableistung der Prüfung auf der Höhern Polizeischule sind die Polizeioffizieranwärter dem Minister des Innern zur Beförderung zum Polizeioffizier vorzuschlagen. Die Beförderung wird nach Maßgabe verfügbarer Stellen durch den Minister ausgesprochen.

Gebührnisse.

Die Bezüge der Schutzpolizeibeamten ergeben sich aus dem Beamten-Diensteinkommensgesetz und den Ausführungsbestimmungen dazu. Die Gewährung von Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und ärztlicher Behandlung wird durch den Staatshaushaltplan geregelt.

Diese Bestimmungen gelten nur für die preußische Schutzpolizei.

In Anbetracht der großen Arbeitslosigkeit ist der Andrang zur Einstellung in die Schutzpolizei zurzeit sehr groß. Es werden daher begreiflicherweise nur solche Bewerber zur Polizei schule einberufen, die sowohl in körperlicher wie in geistiger Hinsicht allen Anforderungen genügen und somit die Gewähr für einen erfolgreichen Schulbesuch von vornherein geben. Trotzdem sollten sich junge Republikaner, die sich ganz in den Dienst des Staates stellen wollen, bei den Polizeischulen vermerken lassen.

Die preußische Schutzpolizei bietet energischen jungen Männern von entsprechender körperlicher und geistiger Begabung ein gutes und verhältnismäßig rasches Vorwärtskommen. Der Aufstieg in

die Laufbahn als Polizeioffizier ist verhältnismäßig leicht und in gar keinem Vergleich mit der Vorkriegszeit zu stellen. —


Quelle: https://www.reichsbanner-geschichte.de/zeitungen/1924/1924-09-01

herral, 23.09.2024

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