Besuchsbericht: Polizeihistorische Sammlung Berlin im Januar 2020

Impressionen und interessante Ausstellungsinhalte aus dem Berliner Polizeimuseum.

Die königliche Landgendarmerie – Preußens Polizei auf dem „platten“ Land. 1812 – 1819:

Schwerer Stand der Polizeibeamten im oberschlesischen Industriebezirk. Welch schweren Dienst die oberschlesischen Polizeibeamten haben, ergibt folgender, der Schles. Ztg. aus Beuthen o.S. mitgeteilter Vorfall: Auf dem Schützenplatz überfielen die Schlepper Paul und Fanz Krazhpel aus neu-Goretzko, zwei Brüder und bekannte Rowdys, den Arbeiter Deja aus Deutsch-Pietar, der das Beuthener Schützenfest besucht hatte. Sie hätten ihn totgeschlagen, wenn nicht Polizeisergeant Brzezina hinzugekommen wäre. Jetzt stürzten die beiden auf den Beamten, schlugen ihm mit Fäusten ins Gesicht, warfen ihn zu Boden und rissen ihm den Uniformrock vom Körper. In der höchsten Not kam dem bedrohten Beamten Polizeiwachtmeister Zurowietz zu Hilfe. Aber auch dieser wurde von den Burschen sofort angegriffen. Von den zahlreichen Leuten, die den Tatort umstanden, kam niemand den Beamten zu Hilfe. Im Gegenteil, sie nahmen eine drohende Haltung an, als die Beamten blank zogen und auf die Rowdys einschlugen. Erst als der pensionierte Gendarmerie-Wacht-Meister Korditzke hinzukam, wurden die Burschen überwältigt. Eine den Tatort passierende Straßenbahn hielt an, die Rowdys wurden mit ihr nach dem Roßberger Polizeigefängnis gefahren, verfolgt von den Drohungen der Menschenmenge gegen die Beamten und den Helfer. Als die beiden Rowdys in das Beuthener Gerichtsgefängnis eingeliefert wurden, hatte sich wieder eine große Menschenmenge angesammelt, die dem Transport folgte und Verwünschungen gegen die Beamten ausstieß.

Bericht auf der Ausstellungstafel.



1848-1918

1905: Was einem Schutzmann auf Streife so alles passieren kann:

Des Polizeibeamten Leid und Freud. In einer berüchtigten kneipe am Weinbergsweg in Berlin war ein wegen grober Gewalttätigkeiten bereits dreizehnmal vorbestrafter Arbeiter auf den zur Herstellung der Ruhe und Ordnung anläßlich einer Schlägerei herbeigerufenen Schutzmann Zinke sofort bei dessen Eintritt in das Lokal losgegangen, hatte ihn auf einen Stuhl niedergedrückt und fortgesetzt ins Gesicht geschlagen. Auch andere Gäste schlugen auf den Schutzmann ein. Jetzt holte man einen Kameraden des bedrängten Beamten, den Schutzmann Engelhardt, zu Hilfe. Dieser kam zur rechten Zeit, um Zinke zu retten. Der Angreifer mußte allerdings erst durch Säbelhiebe kampfunfähig gemacht werden, ehe er von seinem Opfer abließ. Der Täter erhielet vom Gericht ein Jahr Gefängnis, das dreifache der vom Staatsanwalt beantragten Freiheitsstrafe zudiktiert.


Die Polizei im Spiegelbild der satirischen Presse – 1845-1851


Traugrott von Jagow, Polizeipräsident von Berlin von 1900 bis 1916

Militärisch forsch und gradlinig, zugleich engstirnig und mit markigen Sprüchen hervortretend, verschlechterte sich unter von Jagows Präsidentschaft das Verhältnis zwischen den Berlinern und ihrer Schutzmannschaft rapide. „Ich werde fortan jeden Schutzmann, der zu spät von der Waffe Gebrauch macht, bestrafen“. Erlass des Polizeipräsidenten im Jahr 1911.

Traugott von Jagow – Bildquelle: Polizeimuseum Berlin

Die Schutzmannschaft organisiert sich gewerkschaftlich:

Schon im November 1913 organisieren sich mit Zuspruch einer breiten Basis Polizeibeamte. Die „Vereinigung Berliner Schutzleute“ will satzungsgemäß „der Förderung des Standesansehens“ dienen und versprich die „Pflege der königstreuen Gesinnung“. In der Praxis soll sie natürlich auch dienst- und versorgungsrechtliche Ansprüche vertreten und durchsetzen. Polizeipräsident von Jagow wittert sofort sozialdemokratische Umtriebe und fährt mi seinem Tagesbefehl vom 2. Dezember 1913 dazwischen:

Doch viele mutige Beamte lassen sich dadurch nicht abschrecken. Als sich Schutzmänner trotz des Verbotes noch teffen, hagelt es Disziplinarverfügungen: Zwei Beamte werden nach Ostpreußen strafversetzt, ein Polizist, der vor vielen Kollegen in einer Rede den beiden Geschassten Solidarität bekundet, erhält 14 Tage Arrest und mehrere Wachtmeister haben wieder wie Revierschutzmänner „Pflaster zu treten“. Trotz der Anfangsschwierigkeiten erscheint im April 1914 die erste Ausgabe der „Preußischen Schutzmannszeitung“. Die endgültige Wende zum Durchbruch bringt der Erste Weltkrieg: Im Zeichen des Burgfriedens erscheint es nicht länger opportun, die gewerkschaftlichen Organisationsbestrebungen der Berliner Schutzmannschaft zu torpedieren. So kann man im Oktober 1915 mit behördlicher Genehmigung zur Gründung eines Schutzmannvereins schreiten. Sein Vorsitz übernimmt der jüngst noch disziplinarisch gemaßregelte Beamte Schrader.



Erkennungsdienstliche Behandlung:

Die Kripo der Weimarer Republik – 1918 – 1933

Bekannte Kriminalkommissare:

Engelbrecht ist der Verfasser der beiden populären Bücher „In den Spuren des Verbrechertums“ und „Fünfzehn Jahre Kriminalkommissar“. Nach einer Außeinandersetzung um eiige seiner Publikationen mit Polizeipräsident Zörgiebel und einer ihm in Aussicht gestellten, aber nicht vollzogenen Beförderung, ,jündigte er Anfang 1927 und gründete in Berlin ein privates Sicherheitsunternehmen. Als Leiter und Organisator von Razzien in den Berliner Nachtlokalen ist Engelbrecht bei der Berliner Unterwelt bekannt wie ein „bunter Hund“. Daher verkleidet er sich häufig bei Observationen.


Die Schutzpolizei zwischen den extremistischen Fronten

Goebbels führte die NS-Propaganda äußerst geschickt. Er polemisierte nie gegen die Polizei als solche bzw. gegen einzelne Schutzleute, sondern ausschließlich gegen den jüdischen Polizeivizepräsidenten Weiß bzw. den jeweiligen SPD-Polizeipräsidenten. Durch Witz und Ironie wird der Agitation vordergründig die Schärfe genommen. Mit Apellen an gemeinsame Ordnungswerte betreiben die Nazis sogar offene Sympathiewerbung gegenüber der Berliner Polizei. Die Schutzpolizei ist auch Zielgruppe kommunistischer Verbrüderungsversuche. Doch diese sind meist sehr plump angelegt. Im übrigen messen die Polizeibeamten beide radikalen Parteien nicht an ihren Worten sondere an ihren Taten: Kommen die Berliner Nationalsozialisten bei Durchsuchungen, Festnahmen oder der Auflösung verbotener Veranstaltungen in den Bereich polizeilicher Maßnahmen, leisten sie im Gegensatz zu den Kommunisten in der Regel keinen aktiven Widerstand gegen die Staatsgewalt.

So sehen viele, durch häufige Großeinsätze überlastete Polizeibeamte ihren eigentlichen Gegner in der KPD.

Vier Tote Polizeibeamte innerhalb von vier Wochen. Am 29.Mai 1931 wird Polizeihauptwachtmeister Paul Zänkert vom Revier 72 (Prenzlauer Berg) am Senefelder Platz bei dem Versuch, einen kommunistischen Überfall auf Angehörige des Stahlhelms zu verhindern, erschossen. Am 30. Juni 1921 wird Polizeioberwachtmeister Emil Kuhfeld, der mit seinem Überfallkommando in der Frankfurter Allee eine kommunistische Ansammlung auflösen will, erschossen. Am 9. August 1931 werden die Beiden Polizeihauptleute Paul Anlauf und Franz Lenck auf offener Straße hinterrücks erschossen. (https://de.wikipedia.org/wiki/Morde_auf_dem_B%C3%BClowplatz) Von da an sehen viele Polizisten die Kommunisten als ihre eigentlichen Feinde an.




Erlass des Herrn Ministers des Inneren zum Jahreswechsel.

Das Jahr 1933 hat durch den Sieg des Führers der NSDAP einen Umbau der Preußischen Polizei ermöglicht, wie er ihrer wichtigen Stellung im Staate gebührt. Der alte preußische Staat, Pflichterfüllung, Kameradschaft und Ehre sind wieder erweckt und haben mächtigen Widerhall gefunden unter Euch. Stolz dürft Ihr wieder Euer Haupt erheben, vom Prügelknaben eines verrotteten Systems seit ihr zum ersten Instrument des Staates geworden. Am Jahreswechsel danke ich allen Offizieren und Wachtmeistern für ihre geleistete schwere Arbeit und wünsche der Preußischen Polizei sowie jedem einzelnen Kameraden ein erfolgreiches neues Jahr. Ich erwarte, daß Ihr weiterhin vorbildlich Eure Pflicht tut und alles daransetzt, mitzuarbeiten am Aufbau des herrlichen dritten Reiches der nationalsozialistischen Weltanschauung. Heil Hitler! Hermann Göring. Obigen Erlass bringe ich alle Beamten, Angestellten und Arbeitern zur Kenntnis.


Hatte man sich den Nationalsozialisten verschreiben, gibt es kein Entrinnen mehr.


Berlin ist immer eine Reise wert. Die Polizeihistorische Sammlung im Berliner Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke auch.

https://www.museumsportal-berlin.de/de/museen/polizeihistorische-sammlung/

https://www.berlin.de/museum/3109830-2926344-polizeihistorische-sammlung.html

Hier geht es zum Förderkreis der Polizeihistorischen Sammlung:

https://www.phs-berlin.de/

Zusammenstellung: Ralf Hermes, 29.12.2020 nach einem Besuch am 07.01.1920.

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