Die erste Schupo-Parade 1932

„Nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 verschwand das Heer aus dem Straßenbild Berlins. … Für Deutschland lagen die wichtigsten Aufgaben nun nicht mehr in der Außenpolitik, sondern in der Wiederherstellung der inneren Ordnung. Damit wurde die Polizei zum bedeutendsten und sichtbarsten Symbol der Staatsgewalt und deren wichtigstes Instrument zur Bekämpfung der um sich greifenden Gesetzlosigkeit. Alle Abteilungen der Berliner Polizei wurden vergrößert und modernisiert. Einheiten der Schutzpolizei bewachten die Regierungsgebäude, beaufsichtigten die unzähligen politischen Kundgebungen und unternahmen Großfahndungen in Bezirken mit hoher Kriminalität. Die Allgemeingegenwärtigkeit der Polizei versetzte ausländische Besucher in Erstaunen und provozierte viele unzufriedene Einheimische. In der zeitgenössischen Literatur erschien der Polizeibeamte – je nach politischen Einstellung des Autors – entweder als netter, hilfsbereiter Verkehrspolizist oder als bulliger Wachtmeister. Die einen betrachteten den Schupo als Hüter der öffentlichen Ordnung und Sicherheit inmitten chaotischer Zustände, die anderen sahen in ihm den letzten Verteidiger eines unentschlossenen Regimes. Ignoriert wurde er von niemanden. Die „Geschichte der Republik“ schrieb Carl Severing 1929, „ist untrennbar mit der Geschichte der Polizei verbunden.“

Als Beleg wird aufgeführt:

Die erste Schupo Parade Unter den Linden am Ostermontag 1932 war von den Republikanern der Stadt als willkommener, wenn auch verspäterter Versuch , das Ansehen der Republik zu stärken, begrüßt worden. Vossische Zeitung (M), 29. März 1932.“

Seite 4-6 aus HSI-HUEY LIANG, Die Berliner Polizei in der Weimarer Republik.

Siehe auch: Vorwärts, Berliner Volksblatt: Dienstag, 29. März 1932:

Massen begrüßen Schupos. – Zum ersten Aufmarsch der Schupowache mit Musik. Zehntausende Unter den Linden.

Das interessanteste Ereignis in Belin am Ostermontag war der Aufmarsch der Wache der Berliner Schutzpolizei am Brandenburger Tor mit Musik. Zehntausende von Menschen – unter ihnen erfreulich viele Reichsbannerkameraden und auch Angehörige der Reichswehr – umstanden lange vor der festgesetzten Zeit die Aufmarschstraßen. Um den Pariser Platz hatte sich eine so ungeheure Menschenmenge zusammengefunden, daß man meinen konnte, eine Massendemonstration sei geplant. Ein hier ungewohntes Bild. Dich bei dicht standen die Berliner, um so ihre Sympathie für die Schutzpolizei zu zeigen. Um 12.15 Uhr sind auf dem Hof der Polizei-Unterkunft „Staatsminster Grzesinski“, dem Exerzierplatz der ehemaligen Alexanderkaserne, die Beamten einer Bereitschaft mit der Musikkapelle vor Kommandeur Heimannsberg und Oberst Genz angetreten. Dei Mannschaften machen den besten Eindruck. So glänzend geschulte und prachtvoll aussehende Beamte hat man in dieser Lückenlosigkeit noch nicht zu sehen bekommen. Punkt 12.30 Uhr beginnt unter der Führung des Polizeihauptmanns Brix der Aufmarsch. Die Beamten marschieren mit übergehängtem Karabiner. die Berliner Schupos sind als Höflich bekannt. Aus Ausländer haben oft diese unentbehrliche Eigenschaft einer Volkspolizei an der Berliner Polizei gerühmt. Gestern aber schien sich jeder Beamte persönlich als Gastgeben zu fühlen. Man hatte bewußt davon Abstand genommen, außer den notwendigsten Maßnahmen irgendwelche besonderen Absperrungen vorzunehmen. So war auch der letzte Grund zu Misshelligkeiten zwischen den diensttuenden Beamten und dem Publikum genommen. Der Weg ging durch die Prinz-Friedrich-Karl-Straße über die Georgenstraße an dem ersten Berliner Polizeirevier vorüber, durch die Universitätsstraße auf die Straße Unter den Linden, wo der Aufmarsch bis zum Brandenburger Tor auf der Mittelpromenade erfolgte. Beste Gelegenheit, das Schauspiel des Anmarsches und die Anteilnahme der Bevölkerung zu genießen, bot der Blick von dem Balkon der Amerikanischen Botschaft im ehemaligen vom Brand renoxxx Blücherpalais. Als von fern Marschmusik ertönt, tritt die „alte “ Wache aus dem Wachhaus und nimmt Aufstellung. Die Linden herauf bewegt sich der gewaltige Zug der mitmarschierenden Zuschauer zum Brandenburger Tor. Die Polizeibeamten sind unter der Masse der Mitmarschierenden anfangs nicht zu erkennen, bis die Blasinstrumente und die Tschakos in der Mittagssonne aufleuchten. Nach der tadellos ausgeführten Ablösung, die weniger als eine Minute dauerte, marschierte die Musikkapelle zurück zum Gendarmenmarkt, wo am Schillerdenkmal ein Platzkonzert Tausende von Spaziergängern erfreute. Die historische Bedeutung des ersten Aufmarsches einer Wache der preußischen Schutzpolizei mit Musik wird durch die Eintragung in das „Geschichtsbuch der Berliner Polizei“ festgehalten werden. Die Namen aller an dem Aufmarsch beteiligten Beamten werden hier verzeichnet werden. Der Gedanke, durch den Aufmarsch der Schutzpolizei mit Musik auch nach außen die Verbundenheit zu bekunden, die zwischen den Vertretern der Staatsgewalt und der republikanischen Bevölkerung besteht, hat sich als sehr glücklich erwiesen. Die Schupowache wird nunmehr jeden Montag und jeden Donnerstag um 12.30 Uhr ihren Aufmarsch mit Musik durch die Linden nehmen.

Vorwärts, Berliner Volksblatt: Dienstag, 29. März 1932:

Kontrastprogramm: Was am gleichen Tag noch berichtet wurde:

Vorwärts, Berliner Volksblatt: Dienstag, 29. März 1932:

Kommunisten stören Osterfrieden. Ein Beamter von Kommunisten niedergeschlagen.

An beiden Osterfeiertagen entfalteten die Kommunisten in Tegel und Tegelort eine rege Werbetätigkeit, die jedoch von den vielen tausend Ausflüglern mit Recht als Belästigung empfunden wurde. Die Polizei mußte mehrmals einschreiten, um die Thälmann-Apostel, die immer gleich in Trupps von 60-100 Mann auftraten, auseinanderzutreiben. In Tegel fühlten sich die Kommunisten bald nicht mehr sicher und so verlegten die Radeautrupps ihre Tätigkeit nach Tegelort. Hier wurde bei einem Zusammenstoß von den Kommunistischen Rüpeln ein Polizeiwachtmeister niedergeschlagen und erheblich verletzt. Als das Überfallkommando anrückte, stob die Schar auseinander. Acht Männer und eine Frau, die an dem hinterhältigen Überfall hervorragend beteiligt waren, wurden festgenommen. Bei den Zwischenfällen in Tegel wurden über 50 Kommunisten zwangsgestellt und der Politischen Polizei des Polizeipräsidiums übergeben.

Vorwärts, Berliner Volksblatt: Dienstag, 29. März 1932:

Zusammenstellung: Ralf Hermes, 01.03.2020

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