„Mehr Sicherheit in Groß-Berlin!“ Gewerkschaftsstatement Ernst Schrader vom 20.04.1919

In der Vossischen Zeitung fand ich einen lesenswerten Artikel u.a. mit einem Statement vom Verbandsvorsitzenden der Schutzmannsvereine Berlin, Ernst Schrader zur Sicherheitslage in der Reichshauptstadt nach der Revolution.

Es geht u.a. um mehr Geld, bessere Ausbildung, die Abschaffung des Säbels und die Einführung eines Gummiknüppels. Aber auch um die Ausstattung im Nachtdienst mit der „leider neuerdings volkstümlich gewordene Handgranate“.

Hier eine Abschrift des Schrader-Statements und den gesamten Artikel mit weiteren Sicherheitsstellungnahmen als PDF-Download.

Umgestaltung der Schutzmannschaft.

Die Ansicht der Schutzleute selbst geht, wie der Vorsitzende des Verbandes der Kameraden-Vereine der Schutzmannschaft Preußens Ernst Schrader unserem Mitarbeiter sagte, aus einer Eingabe hervor, die er an den Minister des Inneren gerichtet hat. Für die Umgestaltung der Schutzmannschaft werden darin eine Reihe fachmännischer Vorschläge gemacht, die zeigen, daß man in den Kreisen der Schutzleute selbst sehr wohl weiß, wie wenig die heutigen Leistungen den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit entsprechen. Nicht mit Unrecht weisen die Schutzleute darauf hin, daß sie in den Zeiten der Berliner Unruhen zwischen der Sicherheitswehr und er republikanischen Soldatenwehr auf der einen Seite und er Volksmarinedivision auf der anderen einen schwierigen Stand hatten, und daß es Selbstmord gewesen wäre, wenn sie allein im Gegensatz zu diesen Truppenkörpern in derselben Weise wie früher aufgetreten wären. Sie schreiben dieses Versage in erster Linie dem Mangel an Schutzleuten überhaupt, sodann besonders dem Fehlen junger Kräfte zu, endlich auch der mangelhaften Bewaffnung und Ausbildung. Abgesehen von den Teuerungszulagen, beträgt das Anfangsgehalt noch immer 160?? (unleserlich) Mark monatlich, was unter den heutigen Verhältnissen natürlich durchaus nicht ausreichend ist. Die Schutzleute fordern daher vor allem die Erhöhung des Grundgehaltes um 1200 Mark jährlich, unbeschadet der kommenden allgemeinen Gehaltsregelung, und zwar mit Rückwirkung vom 1. April 1919 an. Auch die Bewaffnung und Ausrüstung ist schon seit Jahren als ungeeignet erkannt worden. Vor allen Dingen hat sich der Säbel schon immer als lästig und hinderlich erweisen, und es ist auch in Deutschland schon lange nach englischem Vorbild die Einführung des Gummiknüppels empfohlen worden. Während des Krieges schien man sich auch bereits zur dieser Einführung entschlossen zu haben, aber die Sache ist wohl damals an der Unmöglichkeit, die Gummiknuppel zu beschaffen, gescheiter. Dieses Verlangen wird jetzt von den Schutzleuten wieder aufgegriffen. Daneben wird für den Nachtdienst die leider neuerdings volkstümlich gewordene Handgranate empfohlen. Selbstverständlich soll die Schußwaffe bleiben. Diesen besonderen Forderungen reihen sich noch weitere an, die mehr allgemeiner Natur sind, und die sich aus der Heraushebung aus der Klasse der Unterbeamten, die Offenhaltung sämtlicher den Militäranwärtern vorbehaltenen Stellen für die Schutzleute, bessere Ausbildung durch Errichtung besonderer Polizeischulen und Schulung der Allgemeinbildung beziehen. Die Dienstzeit soll gesetzlich geregelt werden, und die Dienstbereitschaft für den Straßendienst im allgemeinen so begrenzt werden, daß nach einer bestimmten Reihe von Jahren jeder Schutzmann in den leichteren inneren Dienst übernommen werden kann. Endlich wird Anerkennung und Ausbau der einheitlichen Beamtenausschüsse verlangt, die zu einer Brücke des Vertrauens zwischen Vorgesetzten und Untergebenen zu gestalten seien.

Die Verstadtlichung der Polizei brächte der Schutzmannschaft Vorteile, si erschiene ihr aber nicht so bedenklich, als die einheitliche Durchführung der Gesetze, die ja die wesentlichste Aufgabe der Polizei ist, besser gesichert wäre, wenn die Polizei Organ ds Staates bleibt. Aus desem Grund wäre es zu überlegen, ob man den Übergang der Polizei in die Gemeindeverwaltungen bedingungslos für richtig halten soll oder nicht vielleicht allen Anforderungen am besten gerecht wird, wenn zwar die Polizeiverwaltung in die Hände der Gemeinde übergeht, der Staat sich aber ein Aufsichts- und Anspruchsrecht vorbehält.

Hier der Orginalbericht auch mit den Stellungnahmen des Gouverneur, des Polizeipräsidenten und des Bürgermeisters von Berlin:

Dokument als PDF:

Zusammenstellung: Ralf Hermes, 8.2.2020

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