Über die Anfänge der Personalratsarbeit der Polizei: Beamtenausschüsse der Schutzpolizei

Tejessy – Bähnisch

Zum Geleit.

Vorschriften über die Rechtsverhältnisse der Beamtenschaft gegenüber dem Staat und die Formen ihrer Wahrnehmung sind seit langem heiß erstrebtes Ziel der Beamten.

Die größte preußische Beamtenschaft, die Polizeibeamtenschaft, hat ihre Wünsche seit Jahren in der Hoffnung zurückgestellt, dass eine reichsrechtliche Regelung des Beamtenrechts erfolge. Diese Hoffnung hat sich bisher nicht verwirklicht. Ihre Erfüllung ist noch nicht abzusehen. Der Herr Minister des Innern hat sich daher entschlossen, für die Schutzpolizei in einem Erlasse über die Beamtenausschüsse in der Schutzpolizei eine vorläufige Regelung auf einem wichtigen Gebiet des Beamtenrechts vorzunehmen. Dieser Erlass gibt den Beamten einer Hoheitsverwaltung zum ersten Male ein bis ins einzelne ausgearbeitetes Recht zur Wahrnehmung ihrer speziellen Interessen.

Formen sind Formen. Erst der Geist, der sie erfüllt, gibt ihnen Leben. Nicht von der Summe der zahlenmäßig aufgeführten Rechte werden die Verhältnisse zwischen Staat, Vorgesetzten und Beamten bestimmt, sondern von dem Geist, in dem die neue Vorschrift gehandhabt wird.

Sie ist erlassen in dem Willen, in jedem Beamten einen Mithelfer und Förderer am gemeinsamen Wert zu sehen, möge sie von jeder Dienststelle in diesem Geist ausgelegt werden.

Dr. Klausener,

Ministerialdirektor und Leiter der Polizeiabteilung

Einleitung

Die Reichsverfassung schreibt im Artikel 130 Absatz 3 vor:

„Die Beamten erhalten nach näherer reichsgesetzlicher Bestimmung besondere Beamtenvertretungen.“

Das Versprechen, das die deutsche Nationalversammlung damit den Beamten gegeben hat, ist bisher zwar in der Weise eingelöst worden, daß bei den einzelnen Behörden aufgrund von verschiedenen Erlassen Beamtenausschüsse eingerichtet worden sind, jedoch gelang des nicht, eine reichsgesetzliche Regelung wie sie eben die Verfassung versprochen hat, zu erreichen. Auf die Schwierigkeiten die Schuld an dieser Verzögerung sind, kann im Einzelnen hier nicht eingegangen werden doch besteht wohl auf seiner Seite ein Zweifel darüber, daß es sich gerade in dieser reichsrechtlichen Regelung um ein sehr schwer zu bearbeitendes Neuland handelt, daß in Folge dessen die Meinungen der Interessen und auch der Parteien auseinander gehen und daher viel Zeit für die Beratung einer derartigen Gesetzesvorlage nötig ist: Die unruhigen Zeiten der letzten 10 Jahre, in denen die reichsgesetzgebende Körperschaft oft Gesetze verabschieden musste, von denen Leben oder Sterben des Deutschen Volkes abhing, waren der ruhigen Beratung eines derartigen Spezialgesetzes wie des Beamtenvertretungsgesetzes auch nicht gerade günstig. Eine weitere Erschwerung lag darin, daß die neuen staatsrechtlichen Verhältnisse zwangsläufig auch mit der Weiterentwicklung des Rechtsempfindens eine Neuregelung des Beamtenrechtes nötig machen und hierzu natürlich auch das Beamtenvertretungsgesetz gehört. Ob die neue Reichsregierung jedoch das Beamtenvertretungsgesetz als Einzelgesetz oder im Rahmen des großen Gesetzes über Beamtenrechte einbringen wird, ist noch nicht entschieden.

Die Verhältnisse in der Schutzpolizei, die sich grundlegend von den Verhältnissen in anderen Behörden unterscheiden, machen es nötig, eine Regelung für die Beamtenausschüsse der Schutzpolizei schon jetzt herauszubringen. Eine Garantie dafür, wann das neue Beamtenvertretungsgesetz erscheint, kann niemand übernehmen. Die bisherigen Einrichtungen von Beamtenausschüssen in der Schutzpolizei war auf weitere Dauer nicht zu ertragen. Staatspolitisch bestand aber die Schwierigkeit darin, zu verhindern dass neue Bestimmung für die Preußische Schutzpolizei nicht den Eindruck hervorrufen als ob das Reich von einer vollendeten Tatsache gestellt und die Schutzpolizei aus einer reichsrechtlichen Regelung ausgenommen werden sollte, was auch den Erklärungen des Preußischen Staatsministers im Reichsrat Widersprochen hätte. Auch weil es politisch nicht unbedenklich sich in die Gefahr zu begeben, daß der Erlass für die Schutzpolizei in den Befugnissen, die er gibt, wesentlich unter den Bestimmung des kommenden Vertretungsgesetzte bleibt oder über es hinausgeht, Diese Klippen wurden dadurch umschifft, dass der Erlass für die Schutzpolizei ausdrücklich als vorübergehende Maßnahme bis zum Inkrafttreten des Beamtenvertretungsgesetzes bezeichnet wurde und sich inhaltlich fast wörtlich an die Beschlüsse des Reichsrates in 2 Lesung. Denn wiederholte Beratungen des Entwurfs für ein Beamtenvertretungsgesetz haben in den gesetzgebenden Körperschaften bereits stattgefunden, sind aber noch in keine Legislaturperiode beendet worden.

Materiell war daher der Erlass durch die Vorlage der Reichsregierung und ihre Reichsratsbeschlüsse während der letzten Legislaturperiode bestimmt. Für die Ausarbeitung des Erlasses bedeutet dieser Umstand keine Erleichterung, sondern eine wesentliche Erschwerung. Denn die Beschlüsse zweiter Lesung haben natürlich zwar manchen Gedanken in die Regierungsvorlage eingefügt, jedoch wiederholt den Zusammenhang zerrissen und es wäre einer dritten Lesung vorbehalten geblieben, die geistige Einheitlichkeit des Gesetzesentwurfes wiederherzustellen. Zu dieser dritten Lesung ist es, wie gesagt, nicht gekommen und so musste in den Ausführungsbestimmungen zu dem Erlass versucht werden, die Mängel auszugleichen. Auch die Wahlordnung und sogar der Kommentar enthalten Bestimmungen, die am besten in dem Erlass eingearbeitet worden wären.  Dieser Umstand hat sicherlich nicht zu Erhöhung der Übersichtlichkeit geführt er war jedoch nicht zu beseitigen ohne die neue Regelung für die Schutzpolizei überhaupt in Frage zu stellen.

Durch den Erlass soll erreicht werden, dass nun endlich bei der Schutzpolizei ein einheitliches Beamtenausschußrecht besteht, das ist nicht vorkommen kann, das Polizeiverwaltungen nach verschiedenen Grundsätzen organisiert Beamtenausschüsse haben und sich dabei trotzdem auf die „Priesdorfschen Richtlinien“ berufen können. Um diese Einheitlichkeit zu erreichen, ist am Umfang bei dem Erlass und den Ausführungsbestimmungen der Wahlordnung und dem Kommentar nicht gespart worden. Jeder Beamte soll die Möglichkeit haben, sich auf Grund dieses Buch ein Bild von seinen Rechten und Pflichten, soweit sie sich auf die Beamten Ausschüsse beziehen, zu machen ohne andere Gesetze oder Erlasse hinzuziehen zu müssen. Bei der sehr weit gestreckten Befugnisse,  die der Erlass den Beamtenausschüssen gibt und bei der Deutlichkeit, mit der jede einzelne Bestimmung ausgearbeitet und formuliert worden ist, darf die Hoffnung als berechtigt gelten, daß die neuen Beamtenausschüsse für die gesamte Schutzpolizeischafft Helfer und Berater sein, daß sie den einzelnen Beamten sowohl bei der Wahrnehmung der eigenen Interessen wie in der Förderung des Dienstes unterstützen und so auch innerhalb der Behörde das Ventil sein werden, das in einem demokratisch regierten Staate jede Organisation braucht, um Spannungsunterschiede in ihrem Organismus auszugleichen.

Berlin im Januar 1929

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