Buchvorstellung: Polizei und Sitte von Dr. Albert Moll, 1926

Polizei und Sitte von Dr. Albert Moll, 1926

Schluss

Ich habe in meinen Ausführungen einerseits die Tätigkeit der Polizei besprochen, andererseits auch gelegentlich Kritik geübt. Die Kritik richtet sich natürlich nicht gegen die Polizei an sich, sondern gegen diejenigen Gesetzt und Gesetzesauslegungen, die nicht mehr zeitgemäß sind, und zu deren Durchführung trotzdem die Polizei berufen und durch Gesetz verpflichtet ist. Der Groll, den manche gegen dieses oder jenes Gesetz haben, wird zu Unrecht oft auf den Vollstecker gelenkt, während diesem doch seine Aufgaben vorgezeichnet sind.

Mit Leuten, die grundsätzlich nichts anderes tun können, als die Behörden und insbesondere die Polizei zu beschimpfen, läßt sich überhaupt nicht diskutieren. Wer die Zustände, wie sie in früheren Jahrhunderten, ja noch vor hundert Jahren geherrscht haben, mit den heutigen Vergleicht, kann unmöglich, trotz der vielen heutigen Verbrechen, bestreiten, daß ein unvergleichbares Gefühl der Sicherheit dem Bürger durch die Polizei geboten wird. Das mag am deutlichsten erscheinen bei dem Schutze des Lebens und des Eigentums. Ich glaub aber, daß dasselbe für manches, was die geschichtliche Sittlichkeit betrifft, gilt. Und wer da glaubt, daß man die Mitwirkung der Polizei entbehren kann, der stelle sich vor, welche Menge von öffentlichen Schamlosigkeiten vorkommen würde, wenn nicht die Polizei es verstände, die Schranken festzuhalten, ohne die ein Kulturstaat nicht bestehen kann. Dabei spielen einzelne Missgriffe, wenn wir das gesamte Gebiet berichten, keine so große Roll, wie mancher wohl glaubt, der sich in einem einzelnen Fall durch die Polizei geschädigt fühlt. In den letzten Jahrzehnten ist in dieser Beziehung eine außerordentliche Besserung eingetreten. Wer das nicht anerkennt, der soll in die Zeit vor etwa dreißig Jahren zurückdenken, wo in der Tat der Kriminalbeamte – nicht der uniformierte Schutzmann, das stand nur in Karikaturen zu lesen – vielfach der Sachverständige war und eines Tages die Entfernung von klassischen Bildern aus den Schaufenstern verlangte, weil die Brüste der Frau zu sehen waren. Dieser Polizeibeamte gehörte nicht ins Reich der Fabel, im Gegenteil, ich erinnere mich noch genau dieser Zeit, ja seines Namens. Damals hat sich aber auch die Berliner Kriminalpolizei entschlossen, mit der Überwachung dieser Erscheinungen einem höheren Beamten zu betrauen, der durch seine Bildung und Verknüpfung mit literarischen Kreisen die Gewähr dafür bot, dass die Kultur- und Kunstinteressen ….

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Deshalb ist es erste Aufgabe aller kulturfreudigen Menschen, sich nicht in leeren Spötteleien und Kritteleien zu verlieren, sondern mitzuwirken an der Besserung der Gesetze, die mit der wahren Sittlichkeit stets in Einklang zu halten, Aufgabe jedes Staatsbürgers, aber auch aller öffentlicher Organe ist.

Dr. Albert Moll, 1926

Über den Autor:

https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Moll

 

 

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