1930 – Infoheft Nr. 2 des Reichsbanners: „Die Partei der Phrase“

Die NSDAP erhebt in der Oeffentlichkeit den Anspruch, etwas ganz anderes zu sein als alle übrigen Parteien. Sie hält ihren „Nationalsozialismus“ für etwas ganz Neues, obwohl wirklich nationale und gleichzeitig sozialistische Gedankengänge schon vor Jahrzehnten von Politikern wie Raumann, Göhre usw. vertreten wurden. Der einzige Unterschied ist, daß es sich damals um Bewegungen handelte, die von großen politischen Ideen getragen waren, während es bei der NSDAP. In erster Linie auf das Rowdytum ankommt und die politischen Parolen dort nur als Aushängeschild dienen, um die die nicht alle werden, damit zu ködern. Die NSDAP. Kennt keinen Programmsatz, den sie nicht schon bereitwilligst irgendeinem taktischen Erfolg, dem persönlichen Vorteil oder dem Wahn eines ihrer „Führer geopfert hätte.

Buchvorstellung:

Februar 1930

Herausgegeben vom Bundesvorstand des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, Bund Deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner E.V., Sitz Magdeburg

Vorwort des Bundesführers.

Vor etwa einem halben Jahr veröffentlichten wir eine Broschüre „Das wahre Gesicht des Nationalsozialismus“, in der wir uns grundsätzlich mit der NSDAP. Auseinandersetzten. Das Heftchen hatte einen überraschend großen Erfolg. Nicht nur unsere Funktionäre und Kameraden, sondern auch die republikanischen Parteien, Gewerkschaften und sonstigen Verbände aller Art, denen für ihre Agitation und ihren Abwehrkampf gegenüber dem schamlosen Treiben der Nationalsozialisten bisher entsprechendes Material gefehlt hatt, gaben bei uns große Bestellungen auf. Und so wurden von der Broschüre, obwohl sie in Massenauflagen gedruckt wurde, kurz hintereinander vier Auflagen erforderlich, die sämtlich unverändert, ohne Ergänzungen oder Abänderungen herausgebracht wurden. Gleichzeitig mit den Bestellungen dieser Schrift gingen bei uns aber zahlreiche Anträge ein, dahingehend, wir möchten weiteres Material über die Nationalsozialisten herausbringen und diese besonders bei der praktischen Arbeit zeigen, die i so striktem Gegensatz steht zu ihren Lehren und Theorien. Wir sind diesem Wunsche gerne nachgekommen und übergeben hiermit diese ergänzende Broschüre mit dem Titel „Die Partei der Phrase“ der Öffentlichkeit. Dabei hoffen wir, daß sie unsere erste gegen die nationalsozialistische Seuche gerichtete Broschüre auf das wirksamste unterstützt und in allen republikanischen Kreisen dieselbe wohlwollende Aufnahme findet wie das obengenannte Heft.

Magdeburg, im Februar 1930

Der Bundesvorstand des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold

I.A.: Hörsing Vorsitzender.

Otto Hörsing, IRZ, 19.02.1927

Seite 54 -letzter Abschnitt –

11. Die Abwehrfront aller Anständigen

Das schauderhafte Treiben der Nazi hat allmählich dazu geführt, daß in allen Lagern Männer aufgestanden sind, die öffentlich ihrer Entrüstung und ihrem Ekel vor dieser Partei Ausdruck verleihen. Es bildet sich heute eine Abwehrfront gegen die Hitlerei, eine Abwehrfront der anständigen Menschen gegen diese Art von politisch verbrämtem Verbrechertum. Der Oberbürgermeister von Bonn hat Anfang Oktober 1929 eine Runderlaß herausgegeben, in dem es heißt:

Die Stadtverwaltung lehnt es grundsätzlich ab, gegen Revolverblätter vom Schlage des „Westdeutschen Beobachters“, der von Verbrechern geschrieben und nur von beschränkten Menschen ernst genommen wird, vorzugehen.“

Diese zutreffende Charakterisierung der Nazi-Presse schließt sich um die gleiche Zeit der „Hofer Anzeiger“, ein nationalistisches Blatt, an, der über die von dem nationalsozialistischen Abgeordneten Schemm in Hof herausgegebene „Nationale Volkszeitung“ schreibt:

„… daß sie sich von der Verbreitung ausgesuchter Gemeinheiten ernähre. Sie habe bei jeder Gelegenheit tief in ihr Kloakenfaß eingetaucht, um mit den Gebräuchen des Revolver-Journalismus die Zwiespältigkeit des deutschen Volkes zu vertiefen. Die Leute der „Nationalen Volkszeitung“ scheuen sich nicht, den ekelerregenden Nagern gleich, in das Sterbezimmer eines Toten einzudringen und dort ihren Kot abzulagern. Wir stellen fest, daß die widerwärtigste Gesinnung, die größte moralische Verwerflichkeit und der nur irgendwie zu erreichende Tiefstand der politischen Meinung dazu gehören, um die Frechheit einer solchen Veröffentlichung zu wagen. Leute, die nur beim Geruch der Kanalabwässer journalistischen Arbeit leisten können, müssen der allgemeinen Aechtung anheimfallen“.

Und endlich schreibt der Herausgeber des deutschnationalen Wochenblattes „Kompaß“ in Coburg am 12. Oktober: „wer nicht selbst ein Empfinden dafür hat, daß der Geist dieser Sprache (der nationalsozialistischen Presse) nie und nimmer Gutes schaffen und wirken kann, der ist blind und ermangelt der Erkenntnis für wirkliche ethische Werte. Diese aber sind und müssen die Grundlagen eines Volksstaates sein und bleiben. Wer das Auftreten der Hitlerjaner mit kühler Überlegung prüft, der muß sich mit einem bedauernden Achselzucken von dieser angeblichen Partei der Zukunft abwenden.“

Die „allgemeine Aechtung“ ist in der Tat das einzige, was die NSDAP. Angesichts der moralischen Minderwertigkeit ihrer Agitation verdient. Gewiß man soll dem politischen Gegner die Achtung nicht versagen, nur deshalb, weil er anderer Meinung ist. Das mag bei den Nazi üblich sein. Aber auf Achtung kann nur der Anspruch erheben, der bei der Vertretung seiner politischen Ansichten wenigstens nicht die primitivsten Anstandsgebote außer acht läßt.

Für die Nazi gibt es keinen Anstand, weder politischen, noch menschlichen. Lüge, Hetze, Verrat, Terror und Korruption, das sind ihre Methoden. Und deshalb gilt auch von ihnen das Wort Gottfried Kellers:

„Als Gegner achte, wer es auch sei, Strauchdiebe aber sind keine Partei!“

Broschüre als PDF (8,09 MB)

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